Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für die isolierte Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs
Verfahrensgang
AG Wittlich (Beschluss vom 26.03.2004; Aktenzeichen 8 F 541/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Wittlich vom 26.3.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch an das AG - FamG - Wittlich zurückverwiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin hat einen vorläufigen Erfolg. Nach Auffassung des Senats kann der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung abgewiesen werden, dass die Rechtsverfolgung mutwillig sei.
Die Antragstellerin hat den Zugewinnausgleichsanspruch nicht als Folgesache im Verbund anhängig gemacht, sondern eine isolierte Stufenklage hinsichtlich des Zugewinns erst ca. 1 Jahr nach Erlass des Scheidungsurteils eingereicht.
Die Frage, ob die isolierte Geltendmachung von Folgesachen mutwillig i.S.d. § 114 ZPO ist und damit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegensteht, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
Die wohl überwiegende Meinung geht davon aus, ein mutwilliges Verhalten sei zu bejahen, wenn nicht im Einzelfall sachliche Gründe für die isolierte Geltendmachung der Folgesache vorlägen. Eine Geltendmachung im Verbund sei nämlich kostengünstiger (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 473 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 114 ZPO Rz. 125; OLG Celle v. 18.11.1998 - 15 WF 202/98, OLGReport Celle 1999, 43 f.; OLG Schleswig FamRZ 2000, 430 f.; OLG Koblenz v. 16.9.1987 - 13 WF 624/87, FamRZ 1988, 308). Teilweise wird angenommen, dass eine Versagung von Prozesskostenhilfe nur insoweit in Betracht komme, als die isolierte Geltendmachung tatsächlich zu Mehrkosten führe (OLG Dresden v. 23.11.1998 - 20 WF 519/98, FamRZ 1999, 601 f.; OLG Köln MDR 2002, 1432 f.; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 114 ZPO Rz. 8a; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 ZPO Rz. 36, 37).
Nach der Gegenmeinung ist die isolierte Geltendmachung einer Folgesache nicht als mutwillig zu werten und steht daher der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht grundsätzlich entgegen (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 623 ZPO Rz. 24; Wax in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 114 ZPO Rz. 144; OLG Naumburg FamRZ 2001, 1082 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.10.2003 - 8 WF 179/03, MDR 2004, 398 = OLGReport Schleswig 2003, 534 = Beck RS 2003, Nr. 09717; OLG Hamm OLGReport Hamm 2001, 78 f.; OLG Köln FamRZ 2003, 102; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.2003 - 13 WF 935/02; in diese Richtung auch: OLG Nürnberg NJOZ 2004, 97 f.; OLG Rostock, v. 19.11.1998 - 3 WF 137/98, FamRZ 1999, 597 f. allerdings mit der Einschränkung, es sei im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob vermeidbare Mehrkosten entstanden seien).
Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Ein mutwilliges Verhalten liegt dann vor, wenn eine verständige, nicht bedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Der Partei darf kein gleichwertiger, aber einfacher und billigerer Weg zur Verfügung stehen, um ihr Ziel zu erreichen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 446-448). Nach diesen Maßstäben ist die isolierte Geltendmachung einer Folgesache nicht grundsätzlich mutwillig. Zwar entstehen im Verbundverfahren wegen der Zusammenrechnung der Streitwerte und des degressiven Anstiegs der Gebühren insgesamt geringere Kosten als bei gesonderter Geltendmachung einer Folgesache. Auf der anderen Seite werden im Verbundverfahren die Kosten im Regelfall nach § 93a Abs 1 S. 1 ZPO gegeneinander aufgehoben, während die obsiegende Partei der isoliert geltend gemachten Folgesache einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner erlangt. Für die Partei besteht keine Sicherheit, dass das Gericht im Verbundverfahren aus Billigkeitsgründen eine andere Kostenverteilung vornimmt; die Anwendung des § 93 Abs. 1 S. 2 ZPO dürfte in der Praxis eher die Ausnahme sein (Vogel, FPR 2002, 505 ff. [507]; OLG Nürnberg NJOZ 2004, 97 [98]). Es lässt sich deshalb gerade nicht feststellen, dass die Kosten für die antragstellende Partei geringer wären, wenn die Folgesache im Verbund geltend gemacht würde.
Der Einwand, diese Argumentation sei nicht zulässig, weil über Prozesskostenhilfe vorab zu entscheiden und der Ausgang des Verfahrens noch offen sei (OLG Köln v. 18.7.2002 - 14 WF 99/02, MDR 2002, 1437 [1438]) überzeugt nicht. Prozesskostenhilfe wird nur bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bewilligt. Einer Partei, der an sich Prozesskostenhilfe zu bewilligen wäre, kann man nicht den Vorwurf der Mutwilligkeit machen, wenn sie vor diesem Hintergrund berechtigterweise erwartet, in der Sache zu obsiegen und einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner zu erlangen.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats...