Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe umfasst nur die Übernahme der notwendigen Kosten.
Der Einwand, es seien unnötige Kosten verursacht worden, betrifft ausschließlich die Höhe der festzusetzenden Kosten und kann somit im Verfahren über die Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts noch von Seiten der Staatskasse geltend gemacht werden.
Dem steht selbst bei Erkennbarkeit einer unnötige Mehrkosten verursachenden Verfahrensführung die - uneingeschränkte - Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht entgegen.
Normenkette
ZPO § 114; RVG § 11 Abs. 5, §§ 45, 55
Verfahrensgang
Gründe
Rechtsanwalt B. hat die Antragstellerin in den Verfahren 821 F 812/13 (elterliche Sorge) und 821 F 813/13 (Umgang) vertreten und ist ihr vom AG in beiden Verfahren im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe beigeordnet worden. Beide Verfahren waren mit - beim AG jeweils am 2.12.2013 eingegangenen - Schriftsätzen vom 29.11.2013 eingeleitet worden. In beiden auf denselben Zeitpunkt terminierten Verfahren haben die Beteiligten eine Vereinbarung geschlossen.
Im Sorgerechtsverfahren hatte die vom Antragsgegner getrennt lebende Antragstellerin die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Regelung von Passangelegenheiten für die am 4.4.2007 geborene gemeinsame Tochter Ceylan auf sich alleine begehrt und den Regelungsbedarf insbesondere mit der Unzuverlässigkeit des Antragsgegners bei der Ausübung des Umgangs und der Befürchtung, der Antragsgegner wolle das Kind zu Ferienaufenthalten mit in die Türkei nehmen, begründet. Im Umgangsverfahren hatte sie eine Umgangsregelung für den laufenden Umgang sowie für die Ferien und die Auflage gegenüber dem Antragsgegner vorgeschlagen, während des Umgangs die Bundesrepublik Deutschland nicht zu verlassen.
Der Rechtspfleger hat nach Abschluss der Verfahren durch Vereinbarung für beide Verfahren auf der Grundlage eines Verfahrenswertes von jeweils 3000 EUR die aus der Staatskasse an den beigeordneten Rechtsanwalt zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf je 860,97 EUR festgesetzt.
Hiergegen hat die Bezirksrevisorin Erinnerung eingelegt, die das AG durch den hier angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Die Bezirksrevisorin hat geltend gemacht, dass der Verfahrensbevollmächtigte gegen das Gebot kostensparender Prozessführung verstoßen habe, weil die Anträge in nur einem Verfahren hätten gestellt werden müssen. Der Rechtsanwalt könne danach nur die Gebühren verlangen, die bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wären. Deshalb ergebe sich die Vergütung aus einem Gesamtverfahrenswert von 6.000 EUR, insgesamt sei Zahlung nur i.H.v. 1.135, 86 EUR zu leisten. Der betroffene Rechtsanwalt vertritt die Ansicht, dass eine gleichzeitige Entscheidung der verschiedenen Gegenstände nicht möglich sei.
Das AG hat die Erinnerung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung läge nicht vor, die Verfahren hätten unterschiedliche Rechtsschutzziele und seien eigenständig. Die zeitgleiche Terminierung habe nur der Vereinfachung gedient. Es sei nacheinander verhandelt worden.
Die Bezirksrevisorin hält daran fest, dass der Rechtsanwalt hier gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung verstoßen habe, weil eine Regelung unabhängig davon, dass es sich um verschiedene Gegenstände handele, in einem Verfahren hätte gefunden werden können.
Die gem. §§ 56, 33 Abs. 3 RVG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat teilt die Ansicht, dass im vorliegenden Fall der Verfahrensbevollmächtigte gegen seine der Auftraggeberin gegenüber bestehende anwaltliche Verpflichtung verstoßen hat, den hier gebotenen und kostengünstigeren Weg zu wählen.
Einem Rechtsanwalt ist es nicht erlaubt, einseitig und ohne hinreichenden Sachgrund anstehende Verfahren eines Auftraggebers zu vereinzeln. Kommt sowohl ein getrenntes Vorgehen als auch eine gehäufte Verfahrensführung ernsthaft in Betracht, muss der Rechtsanwalt das Für und Wider seines Vorgehens unter Einbeziehung der Kostenfolge dem Auftraggeber darlegen und seine Entscheidung herbeiführen (BGH NJW 2004, 1043). Will der Auftraggeber nach der Aufklärung dennoch die teurere Variante, trägt er die Mehrkosten.
Diese Aufklärungsverpflichtung entfällt nicht dadurch, dass für den Mandanten um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht werden soll. Vielmehr hat die Belehrung des Rechtsanwalts dahin zu gehen, dass der Auftraggeber nur Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe für die kostengünstigere, gleichwertige Variante hat, anderenfalls er die Mehrkosten trotz Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe selbst tragen müsse. Insoweit ist der Rechtsanwalt auch gegenüber der Staatskasse zu kostensparender Verfahrensführung verpflichtet, die ihn aus Steuermitteln vergütet.
Es ist kaum anzunehmen, dass ein bedürftiger Mandant nach Belehrung auf der teureren Variante besteht. Jedenfalls könnten weder er noch der Rechtsanwalt darauf vertrauen, die Mutwilligkeit...