Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 15.11.2017) |
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts - Bußgeldrichterin - Koblenz vom 15. November 2017 wird als unbegründet verworfen.
- Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung seiner Rechtsbeschwerde gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen.
- Der Betroffene hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
I.
Gegen den Betroffenen wurde im Verfahren 2010 Js 66317/16 mit Bußgeldbescheid vom 9. August 2016 wegen einer am 3. Juni 2016 begangenen Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 41 km/h (§ 24 StVG, § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 StVO in Verbindung mit Anlage 2, Nr. 49 [Zeichen 274]) eine Geldbuße von 160 € verhängt; daneben wurde gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat unter Bestimmung einer Abgabefrist nach § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Im Verfahren 2010 Js 18094/16 setzte die Verwaltungsbehörde wegen einer am 7. Dezember 2015 begangenen Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 24 km/h mit Bußgeldbescheid vom 17. Februar 2016 eine Geldbuße in Höhe von 70 € fest.
Nach jeweiligem Einspruch des Betroffenen, mehrfacher mündlicher Verhandlung in beiden Sachen und Verfahrensverbindung unter Führung des Verfahrens 2010 Js 18094/16 wurde der Betroffene mit dem angegriffenen Urteil wegen der - wie in den Bußgeldbescheiden festgestellten, von dem Amtsgericht jeweils als fahrlässig bewerteten - Geschwindigkeitsüberschreitungen vom 7. Dezember 2015 und 3. Juni 2016 zu den bereits in den Bußgeldbescheiden festgesetzten Rechtsfolgen verurteilt. Das Amtsgericht hat beweiswürdigend im Wesentlichen ausgeführt, dass die Geschwindigkeitsmessungen jeweils mit dem System ES 3.0 durchgeführt wurden und sich nach sachverständiger Beurteilung keine Anhaltspunkte für eine Fehlmessung ergeben hätten.
Gegen seine Verurteilung wegen der Tat vom 3. Juni 2016 wendet sich der Betroffene mit seiner auf die näher ausgeführte Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützten Rechtsbeschwerde; zugleich behauptet er das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses. Hinsichtlich der Verurteilung wegen der Tat vom 17. Februar 2016 begehrt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen einer behaupteten Gehörsverletzung; daneben erhebt er die Sachrüge. Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf die Verwerfung beider Rechtsmittel als unbegründet angetragen, hinsichtlich der Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe einer Schuldspruchberichtigung dahin, dass der Betroffene wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit zu verurteilen sei.
II.
Die hinsichtlich der Verurteilung wegen der Tat vom 3. Juni 2016 nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und in zulässiger Weise angebrachte Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO; § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
1. Verfahrenshindernisse sind nicht erkennbar.
Dem gerichtlichen Verfahren und der Verurteilung des Betroffenen liegt ein wirksamer Bußgeldbescheid zugrunde, der geeignet war, die Verfolgungsverjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9, Abs. 3 Satz 1 OWiG zu unterbrechen, wie innerhalb der Dreimonatsfrist des § 26 Abs. 3 StVG auch rechtzeitig geschehen. Anders als der Betroffene meint, bleibt auf die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides ohne Einfluss, dass die Verwaltungsakte im anfänglichen Verfahrensstadium ausschließlich digital geführt wurde.
Zwar fehlt es im Landesrecht von Rheinland-Pfalz nach wie vor an einer Rechtsgrundlage, welche eine elektronische Aktenführung durch die Verwaltungsbehörde in Bußgeldverfahren ermöglicht. Eine Rechtsverordnung auf Grundlage der Verordnungsermächtigungen in § 110a Abs. 1 OWiG n.F. oder § 110b OWiG a.F. ist nicht erlassen; vielmehr findet § 110a OWiG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung weiter Anwendung (vgl. § 134 OWiG; § 1 Abs. 2 der "Landesverordnung zur Ausführung des § 15 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung und des § 134 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten" vom 6. November 2017, GVBl. RLP 2017, S. 246; s. bereits Senat, Beschluss vom 6. September 2016 - 1 OWi 3 SsRs 93/16 = BeckRS 2016, 20697). Die rein elektronische Führung einer Bußgeldakte kommt damit - noch - nicht in Betracht; das Vorhalten nur digitaler Unterlagen bildet keine prozessordnungsgemäße Dokumentation des Verfahrensgegenstandes und -verlaufes.
Die hiernach rechtswidrige Handhabung der Verwaltungsbehörde, alle verfahrensrelevanten Dokumente zunächst nur digital zu speichern und erst bei Bedarf auszudrucken, hat sich auf das Verfahren jedoch nicht ausgewirkt. Mit vollständigem Ausdruck der gespeicherten Verfahrensunterlagen ist die Verwaltungsbehörde zu einer Aktenführung in Papierform übergegangen. Die Ausdrucke bilden eine ausreichende Grundlage des weiteren Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens, zumal ein Großteil der Unterlagen von vornher...