Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine einstweilige Verfügung auf Zahlung von Krankentagegeld
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.02.2010; Aktenzeichen 16 O 485/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.2.2010 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird insgesamt unter Aufhebung des Beschlusses vom 16.12.2009 zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (künftig Kläger) begehrt von dem Verfügungsbeklagten (künftig Beklagter) im Wege der einstweiligen Verfügung mit Antrag vom 15.12.2009 die Zahlung von Krankentagegeld, und zwar rückwirkend ab dem 1.9.2009 i.H.v. 86 EUR täglich.
Das LG hat durch einstweilige Verfügung vom 16.12.2009 den Beklagten verpflichtet, an den Kläger für die Zeit vom 1.9. 2009 bis 16.12.2009 Krankentagegeld i.H.v. insgesamt 9.030 EUR zu zahlen. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen. Auf den Widerspruch des Beklagten hat es mit Urteil vom 11.2.2010 die einstweilige Verfügung i.H.v. 4.515 EUR aufrechterhalten. Im Übrigen hat es den Beschluss vom 16.12.2009 aufgehoben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er erstrebt die vollständige Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags. Der Kläger hat sich der Berufung angeschlossen und begehrt für die Zeit vom 1.9.2009 bis Anfang Januar 2010 einen Betrag von insgesamt 5.200 EUR.
II. Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Anschlussberufung des Klägers hat demgegenüber keinen Erfolg.
Das LG hat die vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung im Beschlussweg zum Teil zunächst erlassen und sodann in Höhe eines Teilbetrages von 4.515 EUR für den Zeitraum vom 1.9. bis 16.12.2009 aufrechterhalten; dem kann nicht gefolgt werden.
Im vorliegenden Fall kann ein möglicher Anspruch des Klägers auf Krankentagegeld nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, da die streng begrenzten Voraussetzungen, unter welchen eine Leistungsverfügung auf Zahlung, die im Ergebnis zu einer endgültigen Befriedigung des streitigen Zahlungsanspruchs führt, nach allgemeiner Auffassung allenfalls zulässig sein kann, nicht gegeben sind.
Bei einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) handelt es sich um eine vorläufige, auf einer summarischen Prüfung des Gerichts beruhende Maßnahme, die grundsätzlich lediglich der Sicherung, nicht aber der Erfüllung des vom Gläubiger geltend gemachten Anspruchs dient. Dieser sich bereits aus dem vorläufigen Charakter der Maßnahme ergebende Grundsatz kann insbesondere für die Leistungsverfügung und zumal dann Geltung beanspruchen, wenn die zur Erfüllung des mit der Verfügung gewährten Anspruchs von dem Schuldner erbrachte Leistung, sollte später das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung oder in dem Hauptsacheverfahren das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs verneint werden, nicht mehr zurückgewährt oder ungeschehen gemacht oder durch einen Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO in angemessener Weise kompensiert werden kann (OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 29 f.). Die einem Klageverfahren vorweggenommene Anspruchsbefriedigung geht über den gesetzlichen Sicherungsrahmen hinaus und verpflichtet auf Grund summarischen Verfahrens den Antragsgegner zur Erbringung von nicht oder nur schwer rückgängig zu machenden Handlungen oder Vermögensopfern.
Daher sind an die Zulässigkeit einer Leistungsverfügung besonders strenge Anforderungen zu stellen. So muss der Verfügungskläger dringend auf die sofortige Erfüllung angewiesen sein; die vom Verfügungsbeklagten geschuldete Leistung muss, soll sie ihren Sinn nicht verlieren, so kurzfristig zu erbringen sein, dass das Abwarten eines Titels in der Hauptsache nicht mehr möglich erscheint; die dem Verfügungskläger aus der Nichtleistung drohenden Nachteile müssen im Vergleich zu den Nachteilen für den Verfügungsbeklagten unverhältnismäßig groß, ja sogar irreparabel sein; es muss weiterhin eine hohe, an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen des Verfügungsklägers im Hauptsache-verfahren gegeben sein (OLG Brandenburg GRUR-RR 2002, 399 ff.).
Bei einer Geldleistungsverfügung ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Anordnung einer Sicherheitsleistung zwangsläufig ausscheidet; erweist sich die Maßnahme später als unrechtmäßig, so wird der Antragsteller wegen seiner Notlage nicht zur Erstattung erbrachter Zahlungen in der Lage sein. Kein Verfügungsgrund besteht, wenn lediglich vermögensrechtliche Nachteile drohen. Eine Befriedigungsverfügung zwecks Abwendung von Überschuldung und Insolvenz ist nicht statthaft (Huber in Musielak ZPO, 5. Aufl., § 940 Rz. 14/15). Der Verfügungsgrund bedarf stets sorgfältiger Prüfung. Er kommt nur für künftigen Notunterhalt in Betracht; für Rücks...