Leitsatz (amtlich)
1. Kurzfristige finanzielle Engpässe infolge krankheitsbedingter Verringerung des Erwerbseinkommens berechtigen nicht zwingend zur Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels. Wir der Unterhaltspflichtige von einem weiteren Berechtigten in Anspruch genommen, ist ein bestehender prägender titulierter Unterhalt daher in voller Höhe einkommensmindernd zu berücksichtigen, weil dem Unterhaltspflichtigen eine Titelabänderung noch nicht zumutbar ist.
2. Für die unterhaltsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit von eheprägenden Konsumentendarlehen ist es grundsätzlich unerheblich, welcher Ehegatte die damit erworbenen Konsumgegenstände nach der Trennung behält. Ein Ausgleich hat hier im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung oder Hausratsteilung, nicht aber im Rahmen des Unterhalts, zu erfolgen.
3. Während des Trennungsjahres kann der in der angemieteten Ehewohnung verbleibende Ehegatte dem anderen unterhaltsrechtlich regelmäßig die Hälfte der Miete und der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten einkommensmindernd entgegenhalten. Das gilt auch dann, wenn die Ehegatten sich nicht einvernehmlich dafür entscheiden, die angemietete Ehewohnung zunächst zu halten, sondern sich ohne Absprache hinsichtlich der Mietwohnung trennen (in Abgrenzung zu: OLG Koblenz [11. ZivS. - 3. FamS] Beschluss vom 07.01.2019, 11 UF 555/18, n.v.)
Normenkette
BGB § 1361
Verfahrensgang
AG Westerburg (Aktenzeichen 47 F 109/18) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Westerburg vom 22.11.2018, Aktenzeichen 47 F 109/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum Mai bis Juli 2018 rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.059,00 EUR zu zahlen.
2. Der Antragsgegner wird ferner verpflichtet, laufenden, jeweils zum ersten eines Monats fälligen Trennungsunterhalt ab August 2018 wie folgt zu zahlen:
- 75,00 EUR für August 2018,
- jeweils 184,00 EUR monatlich für September und Oktober 2018,
- jeweils 304,00 EUR monatlich für November und Dezember 2018,
- jeweils 112,00 EUR monatlich für März bis Juli 2019 - wobei die Unterhalts-zahlung für März 2019 an die Stadt O. zu leisten ist - und
- jeweils 117,00 EUR monatlich ab August 2019.
3. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 80 % und der Antragsgegner zu 20%.
5. Der Verfahrenswert wird auf 13.650,00 EUR festgesetzt.
II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 75% und der Antragsgegner zu 25%.
V. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.402,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind seit dem Auszug der Antragstellerin am 11.04.2018 getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin ist damals wegen angeblicher psychischer und physischer Gewalt seitens des Antragsgegners zunächst in ein Frauenhaus gezogen. Seit Januar 2019 hat sie eine eigene Wohnung. Sie nimmt den Antragsgegner für die Zeit ab Mai 2018 auf Trennungsunterhaltszahlungen in Anspruch.
Der Antragsgegner war seit 1996 als IT-Spezialist bei I. angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit zuletzt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.253,51 EUR. Er bewohnte bis einschließlich Februar 2019 die vormalige Ehewohnung (Einfamilienhaus, 114 m2) und zahlt hierfür an Miete und Betriebskosten 850,00 EUR monatlich, für Strom 85,00 EUR und für Gas 106,00 EUR.
Die Antragstellerin erhält seit dem 01.10.2015 wegen voller Erwerbsminderung eine Rente, zunächst in Höhe von 714,16 EUR monatlich. Die Rentenzahlung hat sich zum 01.07.2018 auf 737,18 EUR erhöht. Die ursprüngliche Befristung der Rentenleistung ist auf den Widerspruch der Antragstellerin hin aufgehoben worden. Die Antragstellerin erhielt während ihres Aufenthaltes im Frauenhaus ferner Leistungen nach dem SGB XII, zunächst in Höhe von 115,53 EUR monatlich bzw. ab 01.07.2018 in Höhe von 92,51 EUR monatlich. Insoweit liegt zugunsten der Antragstellerin eine Rückabtretung vor. Ab Januar 2019 erhält sie seitens des Kreises O. Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 256,74 EUR monatlich. Außerdem hat sie für die Erstausstattung der neuen Wohnung einen weiteren Betrag in Höhe von 798,41 EUR erhalten. Auf das Schreiben des Kreises O. vom 20.03.2019 und die Bewilligungsbescheide vom 04.03.2019 und vom 25.01.2019 wird Bezug genommen.
Der Antragsgegner hält sich für nicht leistungsfähig, da er krankheitsbedingt bereits seit August 2017 deutlich niedrigere Einkünfte erziele und außerdem zahlreiche - als prägend anzusehende - Verbindlichkeiten bediene. Die Antragstellerin bestreitet eine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners.
Unstreitig bediente der Antragsgegner einen während der Ehe aufgenommenen Kredit mit 109,00 EUR monatlich, dessen Raten bis einschließlich August 2018 liefen. Für seinen außereheliche...