Leitsatz (amtlich)
1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat zur Folge, dass das pfändbare Erwerbseinkommen des Unterhaltsschuldners diesem nicht mehr zur Verfügung steht, sondern in die Insolvenzmasse fällt. Der pfändungsfreie Teil seines Einkommens verbleibt dem Unterhaltsschuldner hingegen auch während der Dauer des Insolvenzverfahrens. Nach diesem richtet sich seine laufende Unterhaltspflicht. Es steht zur Erfüllung des laufenden Unterhalts zur Verfügung, ohne dass es durch sonstige - nur noch gegen die Insolvenzmasse geltend zu machende - Altschulden geschmälert wird.
2. Eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Befriedigung eines Insolvenzgläubigers außerhalb des parallel laufenden Insolvenzverfahrens kommt trotz infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens insoweit nicht bestehender Zahlungsverpflichtung ausnahmsweise in Betracht, wenn neben dem laufenden Insolvenzverfahren erfolgende Zahlungen die ehelichen Lebensverhältnisse während des Zusammenlebens bereits geprägt haben. Dies gilt insbesondere im Rahmen des Ehegattenunterhalts und wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte als Gesamtschuldner für die betroffenen Verbindlichkeiten mithaftet. Nach der Trennung wieder auflebende Gesamtschuldnerausgleichsansprüche scheiden in diesem Fall dann jedoch grundsätzlich aus.
3. Bei dem Zufluss des pfändbaren Erwerbseinkommens in die Insolvenzmasse handelt sich um keine Zahlungsverpflichtung des nichtselbstständig tätigen Unterhaltsschuldners. Vielmehr liegt in Höhe der pfändbaren Bezüge aufgrund einer Vorausabtretung ein Forderungsübergang vor und die korrekte Abführung des pfändbaren Gehalts an die Insolvenzmasse obliegt dem Arbeitgeber sowie dem Insolvenzverwalter.
4. § 100 InsO verschafft dem Unterhaltsschuldner keinen Rechtsanspruch und findet außerdem auf den Fall, dass der insolvente Unterhaltsschuldner Arbeitseinkommen erzielt, keine Anwendung.
5. Zu leistende Verfahrenskostenhilferaten haben bei der Unterhaltsberechnung regelmäßig außer Ansatz zu bleiben. Denn erbrachte Unterhaltszahlungen sind im Rahmen der Bestimmung des verfahrenskostenhilferechtlich einzusetzenden Einkommens zu berücksichtigen, bei späteren Veränderungen notfalls im Wege einer Abänderung der Verfahrenskostenhilferaten.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1, §§ 1578, 1610; InsO §§ 35-36, 40, 80, 82, 100, 287 Abs. 2; ZPO §§ 850, 850c, 850i, 850k
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 15.08.2018 in Ziff. 2 und 3 seines Tenors teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zu 1) rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum von März 2016 bis einschließlich Juni 2016 in Höhe von 191,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 03.04.2016 aus 142 EUR und ab dem 03.05.2016 aus weiteren 49,75 EUR zu zahlen.
Der Antragsgegner wird darüber hinaus verpflichtet, an die Antragstellerin zu 1) ab dem Monat Juli 2016 einen monatlich im Voraus fälligen Trennungsunterhalt, zahlbar bis zum 3. eines jeden Monats, wie folgt zu zahlen:
- für den Monat Juli 2016: 83,75 EUR
- für den Monat August 2016: 161 EUR
- für den Monat September 2016: 107 EUR
- für den Monat Oktober 2016: 180 EUR
- für den Monat November 2016: 216 EUR
- für den Monat Dezember 2016: 236 EUR
- für die Monate März bis Juni 2017: je 105 EUR
- für den Monat Juli 2017: 119 EUR
- für die Monate August bis Dezember 2017: je 229 EUR
- für die Monate Januar bis Juli 2018: je 244 EUR
- ab August 2018 bis zur rechtskräftigen Scheidung: je 330 EUR.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Es verbleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 1) und der Antragsgegner zu je 1/2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragsteller zu 2) und zu 3) trägt der Antragsgegner. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst.
4. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren wie folgt festgesetzt:
- Unterhaltsantrag der Antragstellerin zu 1): 4.523,00 EUR
- Unterhaltsantrag des Antragstellers zu 2): 287,00 EUR
- Unterhaltsantrag des Antragstellers zu 3): 411,00 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) und der Antragsgegner sind seit März 2016 getrennt lebende Eheleute. Sie haben vier gemeinsame, mittlerweile volljährige Kinder, unter anderen den Antragsteller zu 2) und den Antragsteller zu 3).
Das vorliegende Verfahren betrifft rückständigen Kindesunterhalt für den Monat März 2016 sowie rückständigen und laufenden Trennungsunterhalt. Der Antragsgegner hat sich ab April 2016 mittels Jugendamtsurkunde zu Unterhaltszahlungen von jeweils 423 EUR/mtl. für den Antragsteller zu 2) und den Antragsteller zu 3) verpflichtet. In der mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass der Antragsgegner ab 01.08.2017 - der angefochtene Beschluss sagt fälschlicherweise ab dem 01...