Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung zugunsten von Streitgenossen mit gemeinsamem Bevollmächtigten aber widersprüchlichem Antragsvorbringen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Waren Streitgenossen in einem Beschwerdeverfahren durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten und wird einer von ihnen später insolvent, kann die nicht belegte Behauptung des anderen, er habe im Innenverhältnis die gesamte Gebühr nach 3500 VV - RVG allein getragen, der Kostenfestsetzung nicht zugrunde gelegt werden, wenn der Insolvenzverwalter seinerseits einen Festsetzungsantrag stellt, der die Mehr- vertretungsgebühr nach 1008 VV - RVG übersteigt.

2. Angesichts eines derart widersprüchlichen Antragsvorbringens darf der Rechtspfleger davon ausgehen, dass beide Gesamtschuldner die Kosten im Innenverhältnis hälftig getragen haben.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 100, 104; RVG-VV Nr. 1008; RVG-Vv Nr. 3500

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 16.01.2013; Aktenzeichen 4 O 186/09)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten P. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mainz vom 16.1.2013 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte P. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Dessen Gegenstandswert beträgt 354,38 EUR (1.455,37 EUR - 1.100,99 EUR).

 

Gründe

Die klagende Versicherungsgesellschaft nimmt aus übergegangenem Recht drei Beklagte auf Erstattung der Zahlungen in Anspruch, die sie wegen eines Brandschadens geleistet hat. Für die erstbeklagte GmbH und deren Geschäftsführer, den Zweitbeklagten, bestellten sich die Rechtsanwälte G. und Partner.

Durch Beschluss vom 4.1.2012 setzte das LG den Zivilprozess wegen eines Strafverfahrens aus, in dem die Verantwortlichkeit des Zweitbeklagten für die Brandentstehung geklärt werden soll. Gegen den Aussetzungsbeschluss legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein.

Im Beschwerdeverfahren beantragten die Rechtsanwälte G. und Partner mit Schriftsatz vom 27.1.2012 namens der Beklagten zu 1. und 2. die Zurückweisung der Beschwerde.

Dem entsprach der 10. Zivilsenat des OLG Koblenz durch Beschluss vom 24.2.2012 (10 W 36/12) und überbürdete der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Zuvor war am 1.2.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Erstbeklagten eröffnet worden.

Namens des Zweitbeklagten beantragten dessen Prozessbevollmächtigte für die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren die Festsetzung einer 0,5 Gebühr nach 3500 RVG-VV.

Für die Insolvenzschuldnerin (frühere Beklagte zu 1) bat der Insolvenzverwalter um Festsetzung entsprechender Gebühren zzgl. einer Mehrvertretungsgebühr (1008 RVG-VV) für das Beschwerdeverfahren.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG sowohl dem Insolvenzverwalter als auch dem Beklagten zu 2 einen Erstattungsanspruch von 1.199.99 EUR nebst Zinsen zuerkannt. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, im Beschwerdeverfahren hätten die Rechtsanwälte G. und Partner zwei Parteien vertreten. Deswegen sei zur 0,5 Verfahrensgebühr nach 3500 VV - RVG eine 0,3 Erhöhungsgebühr nach 1008 VV - RVG zu addieren. Rechne man die Auslagenpauschale sowie die Mehrwertsteuer hinzu, ergebe das 2.201,98 EUR, ein Betrag, der hälftig dem Insolvenzverwalter und zur anderen Hälfte dem Zweitbeklagten zustehe.

Mit seiner sofortigen Beschwerde rügt der Zweitbeklagte, das Rubrum der angefochtenen Entscheidung verwirre ihn, weil dort unter 3. vom Zweitbeklagten die Rede sei. Ein solcher sei aber "nicht erkennbar". Wegen der Insolvenzeröffnung müsse er - Zweitbeklagter - die komplette 0,5 Gebühr tragen, die daher auch entsprechend festzusetzen sei. Den Insolvenzverwalter hätten seine Prozessbevollmächtigten nicht vertreten.

Das zulässige Rechtsmittel ist ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat richtig entschieden.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass im Regelfall von hälftiger Kostenverteilung im Innenverhältnis auszugehen ist, wenn zwei Streitgenossen einen gemeinsamen Bevollmächtigen beauftragen. So war es auch hier im Januar 2012 als die Stellungnahme zu der gegnerischen Beschwerde beauftragt und verfasst wurde.

Die Behauptung, wegen der späteren Insolvenzeröffnung müsse der Zweitbeklagte nunmehr die 0,5 Gebühr alleine tragen, wird schon dadurch falsifiziert, dass der Insolvenzverwalter die Festsetzung der nämlichen Gebühr zzgl. einer 0,3 Mehrvertretungsgebühr beantragt hat (1008 VV - RVG). Darin liegt die Behauptung, dass die Insolvenzschuldnerin und nicht der Zweitbeklagte diese Gebühren im Innenverhältnis der beiden Auftraggeber getragen hat.

Dabei wird nicht verkannt, dass das Antragsvorbringen der beiden Beklagten zu 1 und 2 schwerlich miteinander zu vereinbaren ist. Ein derart perplexes Vorbringen darf aber nicht zu Lasten des erstattungspflichtigen Prozessgegners gehen. Ist ein Vorbringen zur Zahlungspflicht im Innenverhältnis derart diffus, darf der Rechtspfleger davon ausgehen, dass jeder der Streitgenossen dem gemeinsamen Anwalt eine gleich hohe Quote der Gesamtvergütung schuldet.

Was am Rubrum der angefochtenen Entscheidung unverständlich sein soll, erschließt sich...

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