Leitsatz (amtlich)
Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich grundsätzlich in der Art regeln, dass - ähnlich dem alten Recht - im Wege einer Gesamtsaldierung lediglich ein Einmalausgleich eines Anrechts stattfindet. Soweit von dem zum Einmalausgleich herangezogenen Anrecht nicht mehr als dessen hälftiger Ehezeitanteil übertragen wird, bedarf solch eine Vereinbarung auch nicht der Zustimmung der Versorgungsträger.
Die Gesamtsaldierung kann dabei anhand der mitgeteilten (korrespondieren) Kapitalwerte aller Anrechte erfolgen. Eine hierbei eintretende teilweise Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes ist vor dem Hintergrund der Vermeidung von Teilungsverlusten sowie der Privatautonomie der Eheleute hinzunehmen und führt nicht zur Annahme einer etwaigen Sittenwidrigkeit oder eines Verstoßes gegen Treu und Glauben.
Normenkette
VersAusglG §§ 6-8, 47
Verfahrensgang
AG Linz (Aktenzeichen 4 F 174/20) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragstellerin und des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht Linz am Rhein vom 02.08.2021 teilweise, nämlich in Ziffer 2., abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Versorgungsausgleich erfolgt lediglich in der Weise, dass zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung ... (Vers.Nr.: ...) im Wege der externen Teilung zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 108,06 EUR monatlich auf dem vorhandenen Konto 48 191079 S 533 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet wird. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Übrigen findet der Versorgungsausgleich nicht statt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 23.850 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die zwischen den Beteiligten am 01.08.2009 geschlossene Ehe wurde aufgrund des am 30.12.2020 zugestellten Scheidungsantrags mit Beschluss des Familiengerichts vom 02.08.2021 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat das Familiengericht zum einen die jeweils von den Beteiligten bei der V. Lebensversicherung a.G. erworbenen Anrechte (Antragstellerin 5.863,75 EUR, Antragsgegner 4.072,68 EUR) im Wege der internen Teilung (nach Abzug der jeweiligen Teilungskosten jeweils etwa hälftig) zugunsten des jeweils anderen auf die vorhandenen Konten übertragen. Zudem hat es ebenfalls im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht in Höhe von 5,5278 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen und im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Land ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 297,06 EUR monatlich auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet, wobei der Ausgleichswert in Entgeltpunkte umgerechnet werden soll. Schließlich hat das Familiengericht angeordnet, dass ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der K. Zusatzversorgungskasse nicht stattfindet.
Gegen diesen, den Beteiligten jeweils am 10.08.2021 zugestellten Beschluss wenden sich sowohl Antragstellerin als auch Antragsgegner jeweils mit der Beschwerde. Während der Antragsgegner eine vergleichsweise Regelung zum Versorgungsausgleich ankündigt, begehrt die Antragstellerin zunächst, den Ausgleich der von den Beteiligten bei der V. Lebensversicherung a.G. jeweils erworbenen Anrechte - wie vom Familiengericht zunächst gemäß vorläufiger Berechnung des Versorgungsausgleichs mit Verfügung vom 23.06.2021 vorgeschlagen und im Rahmen der Anhörung besprochen - wegen Geringfügigkeit der Ausgleichsdifferenz der gleichwertigen Kapitalwerte nach § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht durchzuführen.
Mit Schreiben vom 29.09.2021 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners eine zwischen den Beteiligten auf Hinweis des Senats zum Formerfordernis am 27.09.2021 vor dem Notar Dr. H., zur Urkundenrollen-Nr. .../2021 geschlossene notarielle Vereinbarung zum Versorgungsausgleich vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die beteiligten Ehegatten in Kenntnis der jeweils erworbenen, in der Urkunde noch einmal dargestellten Anrechten bei den Versorgungsträgern sämtliche Anrechte der Antragstellerin sowie die Anrechte des Antragsgegners bei der V. Lebensversicherung a.G. vollständig und das von dem Antragsgegner bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung ... erworbene Anrecht in Höhe eines Ausgleichswerts von 189 EUR monatlich ausschließen (§ 2 Ziffer. 3 der notariellen Urkunde). Der Versorgungsausgleich soll gemäß § 2 Ziffer 4 des Vertrages demnach lediglich in der Weise erfolgen, dass zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung ... im Wege der externen Teilung zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 108,06 EUR monatlich auf dem vorhandenen Konto der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet werden soll.
II. Die gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG statthaften und...