Leitsatz (amtlich)
1.
Ist das Wiegeergebnis unter Verstoß gegen die Eichordnung zustandegekommen, scheidet der so gewonnene Messwert als Grundlage einer Bußgeldahndung aus. Wenn der Gesetzgeber - sogar unter Bußgeldandrohung (§ 74 Nr. 17a i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EichG) - bestimmt, dass ungeeichte Waagen zur Feststellung der Grundlagen für die Verhängung eines Bußgeldes nicht benutzt werden dürfen, bedeutet dies, dass ein unter Verstoß gegen diese Anordnung zustande gekommenes Wiegeergebnis der Verurteilung nicht zugrunde gelegt werden darf.
2.
Stützt sich der Tatrichter auf das Gutachten eines Sachverständigen, so genügt es nicht, lediglich das Ergebnis des Gutachtens mitzuteilen und sodann einfach kommentarlos übernehmen. Vielmehr muss der Tatrichter auch dann, wenn er sich dem Gutachten eines Sachverständigen, von dessen Sachkunde er überzeugt ist, anschließt, in der Regel die Ausführungen des achverständigen in einer (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Revisionsgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (BGHSt 12, 311, 314 f.; BGH NStZ 1991, 596; BGH NStZ 1998, 83). Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich danach, ob es sich um eine standardisierte Untersuchungsmethode handelt, sowie nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt (vgl. BGHSt 39, 291, 296 f.; BGHR StPO § 261 Sachverständiger 6).
3.
Bei einem "Sachverständigen für Verkehrsunfälle" versteht sich ein besonderes Fachwissen auf dem Gebiet der Mess- und Wiegetechnik nicht von selbst (Senat, 1 Ss 361/04 vom 21.12.2004).
Verfahrensgang
AG Neuwied (Entscheidung vom 22.09.2004) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 22. September 2004 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen §§ 34 Abs.3, 69a Abs. 2 Nr. 4 StVZO, 24 StVG eine Geldbuße von 300 EUR verhängt. Grundlage der Verurteilung ist das von Polizeibeamten mit Hilfe einer nicht selbsttätigen Waage durch achsweise Verwiegung ermittelte Gesamtgewicht des vom Betroffenen im öffentlichen Verkehr geführten Langholzzuges, das der Wiegung zufolge um 40,26% überhöht war. Um die bei achsweiser Verwiegung vermehrt auftretenden Meßungenauigkeiten aufzufangen, hat das Amtsgericht einen Abzug von 2,7% vom Ergebnis der polizeilichen Wiegung für ausreichend erachtet.
Mit seiner hiergegen erhobenen Rechtsbeschwerde macht der Betroffene geltend, das Amtsgericht habe § 7b EichO, der der Umsetzung der Richtlinie RL 90/384/EWG diene, nicht richtlinienkonform ausgelegt. Wäre dies geschehen, hätte das Amtsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Waage bei achsweiser Verwiegung nicht zur Gewichtsermittlung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens hätte verwendet werden dürfen, so daß hinsichtlich ihres Meßergebnisses ein Beweisverwertungsverbot bestehe.
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache.
1.
Wie das Amtsgericht festgestellt hat, beruht die der Verurteilung zugrunde gelegte Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts auf dem Ergebnis einer achsweisen Einzelverwiegung von Zugmaschine und Anhänger auf einer 18 Meter langen nicht selbsttätigen Fahrzeugwaage. Um dieses Ergebnis zum Nachteil des Betroffenen verwerten zu können, hätte es der Feststellung bedurft, daß diese Waage geeicht war. Denn § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Eichordnung schreibt vor, daß nicht selbsttätige Waagen, mit denen das Gewicht zur Berechnung eines Bußgeldes bestimmt werden soll, nur verwendet werden dürfen, wenn sie geeicht sind.
Das Amtsgericht hat festgestellt, "daß die Waage grundsätzlich geeicht (war), nicht aber für den hier erfolgten Fall der Einzelverwiegung". Damit steht fest, daß das Wiegeergebnis unter Verstoß gegen die Eichordnung zustandegekommen ist. Daraus folgt weiter, daß der so gewonnene Meßwert als Grundlage einer Bußgeldahndung ausscheidet. Wenn der Gesetzgeber - sogar unter Bußgeldandrohung (§ 74 Nr. 17a i.V.m.§ 19 Abs.1 Nr.4 EichG) - bestimmt, daß ungeeichte Waagen zur Feststellung der Grundlagen für die Verhängung eines Bußgeldes nicht benutzt werden dürfen, bedeutet dies entgegen der Auffassung des Amtsgerichts, daß ein unter Verstoß gegen diese Anordnung zustandegekommenes Wiegeergebnis der Verurteilung nicht zugrundegelegt werden darf.
Ob die betreffende Waage (für Einzelverwiegungen) wenigstens eichfähig gewesen wäre, hat das Amtsgericht zwar nicht ausdrücklich festgestellt. Es hat aber ausgeführt, "daß diese Frage von den zuständigen Ämtern, insbesondere dem Eichamt in K......, bisher nicht beantwortet werden konnte". Allerdings sei dem Gericht "aufgrund eines Gutachtens...in anderer Sache b...