Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung des Steuererstattungsanspruchs und Insolvenz

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 20.10.2003; Aktenzeichen 3 O 288/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Koblenz vom 20.10.2003 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 9.1.2004 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen von Frau C. M. Er begehrt von der Antragsgegnerin als Gläubigerin in der Einzelzwangsvollstreckung die Zahlung eines Geldbetrages von 5.083,40 Euro, der vom Finanzamt A. an die Antragsgegnerin als Inhaberin eines Pfändungspfandrechts an einer entsprechenden Steuererstattungsforderung der Gemeinschuldnerin überwiesen wurde. Die Antragsgegnerin hatte am 2.1.2002 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezüglich des Steuererstattungsanspruchs der Gemeinschuldnerin für das Steuerjahr 2001 erwirkt; dieser Beschluss war dem Finanzamt am 7.1.2002 zugestellt worden. Mit Steuerbescheid, der am 21.5.2002 bekannt gegeben wurde, setzte das Finanzamt einen Steuererstattungsbetrag von 5.043,40 Euro fest, den er aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Antragsgegnerin überwies. Am 2.7.2002 stellte die Gemeinschuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, auf Grund dessen am 25.7.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Antragsteller hält die Forderungspfändung der Antragsgegnerin wegen inkongruenter Deckung für anfechtbar. Er hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die deswegen in Aussicht genommene Zahlungsklage gegen die Antragsgegnerin beantragt.

Das LG hat den Antrag durch Beschluss vom 20.10.2003 abgelehnt. Es hat ausgeführt, die beabsichtigte Prozessführung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Pfändungspfandrecht der Antragsgegnerin sei weder unwirksam (§ 88 InsO) noch anfechtbar (§ 131 InsO). Es sei nicht im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt worden. Zwar werde ein Pfändungspfandrecht bei der Pfändung künftiger Forderungen erst mit dem Entstehen der Forderung wirksam, hier also mit dem Entstehen des Anspruchs auf Steuererstattung. Der Steuerbescheid vom 21.5.2002 habe die Forderung ggf. mehr als einen Monat vor dem Insolvenzantrag zur Entstehung gebracht. Eine nach § 131 InsO anfechtbare Rechtshandlung sei gleichfalls mit Entstehung des Steuererstattungsanspruchs vollendet worden. Die weiteren Voraussetzungen von § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO seien jedoch nicht dargelegt worden. So sei zur Frage der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zum Entstehungszeitpunkt des Steuererstattungsanspruchs am 21.5.2002 nichts dargetan worden; eine Benachteiligungsabsicht der Antragsgegnerin i.S.v. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO sei nicht erläutert worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde. Er weist darauf hin, dass die anfechtbare Rechtshandlung erst am 21.5.2002 vorgelegen habe und deshalb innerhalb des 3-Monats-Zeitraums nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO liege. Die Gemeinschuldnerin sei in diesem Zeitraum bereits zahlungsunfähig gewesen. Sie habe nach dem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung 548.350 Euro Verbindlichkeiten gehabt; abzgl. geringer Zinsabschläge sei ihre wirtschaftliche Lage im Mai 2002 nicht wesentlich besser gewesen. Als Altenpflegerin habe sie seilt 1997 nur monatlich 1.053 Euro netto verdient. Bei dieser Sachlage bedürfe die Frage der Zahlungsunfähigkeit im Mai 2002 keiner weiteren Erläuterung. Der Antragsgegnerin sei das bekannt gewesen.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie hat auf die Entstehung des Steuererstattungsanspruchs vor der Pfändung und Überweisung hingewiesen. Diese sei nicht von der Abgabe einer Steuererklärung und der Festsetzung des Erstattungsbetrages im Steuerbescheid abhängig gewesen. Daher sei das Pfändungspfandrecht bereits mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wirksam geworden. Weder § 88 InsO noch § 131 InsO greife deshalb ein.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dazu ausgeführt, es bestehe ein Recht der Antragsgegnerin auf abgesonderte Befriedigung. Der abstrakte Steuererstattungsanspruch sei bereits vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses entstanden und das Pfändungspfandrecht mit Zustellung des Beschlusses wirksam geworden. Auf den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung und den Erlass des Steuerbescheides komme es deshalb nicht an. § 131 InsO greife wegen des Zeitablaufs seit diesen Rechtshandlungen nicht mehr ein. Würde man hingegen auf den Zeitpunkt der Steuerfestsetzung, die erstmals zur Konkretisierung der Steuererstattungsforderung geführt habe, abstellen, so führten die im angefochtenen Beschluss genannten Substantiierungsmängel zu demselben...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge