Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Abänderung eines Prozessvergleichs im Unterhaltsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Unzulässigkeit einer Abänderungsklage bei Fehlen tiefgreifender Veränderungen der dem Ausgangstitel zugrunde liegenden Umstände
Normenkette
ZPO § 323 Abs. 4, § 794 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Andernach (Beschluss vom 27.09.2005; Aktenzeichen 7 F 343/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - FamG - Andernach vom 27.9.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger verfolgt mit der - bereits zugestellten - Klage die Abänderung des Prozessvergleichs vom 27.5.2005 (AG Andernach - 7 F 59/05; Protokollabschrift Bl. 11 f. GA) dahingehend, dass er mit Wirkung ab Juli 2005 nur mehr zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Beklagten i.H.v. jeweils 194 EUR monatlich verpflichtet sei. Er beruft sich darauf, dass beim Vergleichsabschluss zwar die Geburt des Sohnes G. (geb. 16.6.2005), nicht jedoch die Unterhaltspflicht ggü. der Mutter, seiner jetzigen - in seinem Haushalt ohne eigenes Einkommen und Vermögen lebenden - Ehefrau, berücksichtigt worden sei.
Das AG hat mit Beschluss vom 27.9.2005 (Bl. 33-35 GA) den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zurückgewiesen; es hat darauf abgehoben, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses auf Seiten des Klägers sämtliche "Unterhaltsverpflichteten" festgestanden hätten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 20.10.2005 (Bl. 38 f. GA).
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat mit Recht eine hinreichende Erfolgsaussicht des Klagebegehrens verneint (§ 114 ZPO).
Die auf Abänderung des - wirksamen - Prozessvergleichs der Parteien vom 27.5.2005 gerichtete Klage ist unzulässig, da der Kläger eine schwer wiegende Veränderung der dem Ausgangstitel zugrunde liegenden Umstände nicht dargelegt hat.
1. Die in § 323 Abs. 4 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - auch für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage (vgl. grundlegend BGHZ 85, 64, 66 ff. [GSZ]) - prozessual zugelassene Anpassung eines Prozessvergleichs an veränderte Umstände erfolgt ausschließlich nach Maßgabe des materiellen Rechts (BGH v. 4.10.1982 - GSZ 1/82, BGHZ 85, 64 [73] = MDR 1983, 189; BGH v. 29.1.1992 - XII ZR 239/90, MDR 1992, 585 = FamRZ 1992, 539; NJW 1995, 1892; st. Rspr.). Haben die Parteien keine abweichende Bestimmung getroffen, sind die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einschlägig. Ob eine derart gewichtige Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem Parteiwillen als dem - alleinigen - Geltungsgrund des Vergleichs; eine danach gebotene Anpassung muss nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen (BGH v. 29.1.1992 - XII ZR 239/90, MDR 1992, 585 = FamRZ 1992, 539; BGH v. 2.3.1994 - XII ZR 215/92, MDR 1994, 1013 = FamRZ 1994, 696 [698]; BGH v. 3.5.2001 - XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = NJW 2001, 2259 [2260]). Bei einem Unterhaltsvergleich entzieht sich die Frage nach der Unzumutbarkeit des Festhaltens an der vereinbarten Regelung ("Opfergrenze") der schematischen Beurteilung und kann vom Tatrichter nur aufgrund einer an den Verhältnissen des Einzelfalls ausgerichteten umfassenden Würdigung aller Umstände sachgerecht beantwortet werden. Bei tiefgreifender Veränderung der Verhältnisse, aber auch dann, wenn dem Parteiwillen keine abweichenden Anhaltspunkte entnommen werden können, kommt ausnahmsweise auch eine Neufestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften in Betracht (BGH v. 23.4.1986 - IVb ZR 34/85, MDR 1986, 1009 = FamRZ 1986, 783 [785]; BGH v. 2.3.1994 - XII ZR 215/92, MDR 1994, 1013 = FamRZ 1994, 696 [698]; BGH v. 3.5.2001 - XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = NJW 2001, 2259 [2260]).
2. Dem Klagevorbringen lässt sich die (nachträgliche) Veränderung eines dem Prozessvergleich zugrunde gelegten Umstandes nicht entnehmen. Die - mit der Unterhaltspflicht ggü. den Beklagten und dem weiteren Kind G. gleichrangige (§ 1609 Abs. 2 BGB) - Unterhaltspflicht des Klägers ggü. seiner jetzigen Ehefrau war dem Grunde nach bereits zum Zeitpunkt der Unterhaltsvereinbarung angelegt und auch bekannt; zumindest hat der Kläger aber - einseitig - das Risiko einer nach der Geburt des Kindes aus der neuen Beziehung eintretenden Bedürftigkeit seiner jetzigen Ehefrau übernommen.
a) Der Kläger selbst geht davon aus, dass sowohl die (erwartete) Geburt des dritten Kindes als auch die Eheschließung zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bekannt waren. Dies ist ausdrücklich im Protokoll so festgehalten und fand Berücksichtigung in der ab Juni 2005 vereinbarten Reduzierung des Kindesunterhalts auf 107 v.H. des Regelbetrags (Ziff. 4. des Prozessvergleichs). Es liegt dann allerdings nahe, dass - wie die Beklagten auch vorgetragen haben - zugleich eine etwaige Unterhaltsbedürftigkeit der Ehefrau nach der Niederkunft bereits m...