Leitsatz (amtlich)

1. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Hinweisverfügung gem. § 522 Abs. 2 vom 16.12.2009 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 22.1.2010 - 2 U 904/09, MDR 2010, 630; Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 15.6.2010 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 4.10.2010 - 2 U 950/09, VersR 2012, 374; Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 19.1.2011 - 2 U 468/10, MDR 2011, 787; Hinweisbeschluss vom 6.10.2011 - 2 U 1104/10 - i.V.m. Zurückweisungsbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 1.12.2011).

2. Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, d.h. nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen. Der Dritte ist aber nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann.

3. Der Veranstalter eines Rosenmontagsumzugs hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht dafür Sorge zu tragen hat, dass Personen, insbesondere minderjährige Zuschauer, nicht zu nahe an die Festwagen kommen können und dass eine Absperrung vorzunehmen ist (in Anknüpfung an LG Ravensburg, Urt. v. 15.8.1996 - 3 S 145/96, NJW 1997, 402; OLG Köln, Entscheidung vom 15.2.1979 - 14 U 123/76, R+S 1979, 121 f.; ferner zur Verkehrssicherungspflicht bei Rosenmontagsumzügen AG Köln, Urt. v. 7.1.2011 - 123 C 254/10, zitiert nach Juris; LG Trier, Urt. v. 5.6.2011 - 1 S 18/01, NJW-RR 2001, 1470 f.; LG Trier, Urt. v. 5.6.2001 - 1 S 18/01, NJW-RR 2001, 1470 f.; AG Köln, Urt. v. 19.6.1998 - 111 C 422/97, NJW 1999, 1972 f. = R+S 1999, 151).

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 01.03.2013; Aktenzeichen 1 O 252/12)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichter - vom 1.3.2013 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 17.1.2014. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen eines behaupteten Unfallereignisses während des Rosenmontagsumzugs am 7.3.2011 in Mainz in Anspruch.

Der Beklagte zu 1) war Veranstalter des Umzugs. Der Beklagte zu 2) nahm an dem Umzug mit einem "Komitee-Wagen" teil, einem umgebauten alten Bus der Marke Daimler Benz O302 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h, der wegen seiner geringen Geschwindigkeit nicht kennzeichen- und versicherungspflichtig war.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe sich in der Nähe des Citrus Cafes/M.- Center/Stadtparks in der ersten Reihe hinter einem Sperrgitter direkt an einer Stelle, an der der Zugverlauf eine Biegung genommen habe, befunden. Gegen 15.45 Uhr sei der Zugwagen bzw. der Anhänger des Zugwagens des Beklagten zu 2) in dieser Biegung für sie unvorhersehbar derart stark ausgeschwenkt, dass er das Absperrgitter in Teilen gerammt, aus den jeweiligen seitlichen Verankerungen gerissen und sie hierdurch mit dem Oberkörper, dem Bein und den Füßen unter dem Absperrgitter begraben habe. Der Anhänger des Zugwagens sei sodann mit den Hinterreifen über ihren Körper unter dem Absperrgitter liegend weiter gefahren. Sie habe aufgrund ihrer Standposition aufgrund der Zuschauermenge nicht ausweichen können. Hilfe der Umstehenden sei nicht möglich gewesen. Der Zugwagenfahrer habe auch nicht zum Anhalten bewegt werden können. Sie sei zunächst an der Unfallstelle notärztlich versorgt und sodann mit dem Krankenwagen in die Uniklinik Mainz zur stationären Auf...

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