rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstörung. Festsetzung eines Ordnungsmittels. Selbständiger Beschwerdegrund. Verbot des Austausches von Schlössern = Unterlassungsverpflichtung. Auszug des Gläubigers kein Wegfall der Strafe
Leitsatz (amtlich)
Setzt das Erstgericht gegen den Geschäftsführer einer GmbH ein Ordnungsgeld fest und ändert das Zweitgericht im Rechtsmittelzug die Entscheidung dahin ab, dass das Ordnungsgeld nunmehr statt gegen den Geschäftsführer jetzt gegen die GmbH festgesetzt wird, so liegt darin für die GmbH ein neuer selbständiger Beschwerdegrund, der die weitere sofortige Beschwerde (§ 568 II 2 ZPO) zulässig macht.
Für das Zwangsvollstreckungsverfahren genügt es, wenn der Gläubiger im Vollstreckungsantrag seine damalige Anschrift angibt (§ 253 II 1, 130 Nr. 1 ZPO), spätere Änderungen der Wohnanschrift, die nicht mitgeteilt werden, führen nicht zur Unwirksamkeit des Vollstreckungsantrages (gegen BGH NJW 88, 2114 für das Erkenntnisverfahren).
Hat der Schuldner Schlösser ausgetauscht und wird er angehalten, Besitzstörungen (Austausch von Schlössern) zu unterlassen und den Besitz wieder einzuräumen, so handelt es sich um eine Unterlassungsverfügung nach § 890 ZPO.
Tauscht der Schuldner gleichwohl die Schlösser aus und zieht der Gläubiger nunmehr aus, so kann der Schuldner noch bestraft werden (Beuge- und Strafcharakter ≪BVerfGE 58, 159 = NJW 81, 2457≫).
Es ist auf die Schuld des Organs abzustellen.
Normenkette
ZPO § 568 Abs. 2, § 130 Nr. 1, § 890
Beteiligte
1. Mainzer H mbH, vertreten durch den Geschäftsführer H |
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 3 T 93/97) |
AG Mainz (Aktenzeichen 80 C 231/97) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 12. November 1997 wird zurückgewiesen;
das Rechtsmittel ihres Geschäftsführers wird verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Schuldnerin und ihr Geschäftsführer als Gesamtschuldner zu tragen.
Gründe
Mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde wenden sich die Schuldnerin, eine GmbH, und ihr Geschäftsführer gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch die gegen die Schuldnerin gemäß § 890 ZPO auf ein Ordnungsgeld von 5.000 DM und gegen ihren Geschäftsführer für den Fall der Nichtbeitreibung des Ordnungsgeldes auf 5 Tage Ordnungshaft erkannt worden ist.
Zuvor hatte das Amtsgericht Mainz durch Beschluß vom 24. September 1997 gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 5.000 DM und für den Fall der Nichtbeitreibung 5 Tage Ordnungshaft festgesetzt.
Dem liegt im einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:
Durch Vertrag vom 1. Mai 1990 hatte die Schuldnerin dem Gläubiger im Kellergeschoß des Hotels M – Hof in Mainz Geschäftsräume zum Betrieb eines Restaurants verpachtet. In § 19 des Pachtvertrages ist u. a. folgendes geregelt (Bl. 18/19 GA):
„Der Verpächter kann das Pachtverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (außerordentlich) kündigen, wenn
- der Pächter für 21 Werktage mit der Entrichtung des Pachtzinses und der Nebenkosten mit einem Betrag von mindestens DM 5.000 im Rückstand ist, …
- Unbeschadet seines Rechtes zur Kündigung und sonstiger Rechte aus diesem Vertrag ist der Verpächter berechtigt, sämtliche Schlösser des Pachtgegenstandes auszuwechseln, falls der Pächter mit mehr als zwei Monatspachtzinsbeträgen in Verzug ist. Hiermit erklärt sich der Pächter ausdrücklich einverstanden. …”
Am 10. Juni 1997 verwehrte die Schuldnerin dem Gläubiger den Zutritt zu den Pachträumen, indem sie die Schließzylinder der Schlösser austauschte. Zu diesem Zeitpunkt war der Pächter mit dem Pachtzins für die Monate Mai und Juni 1997 in Verzug (monatlicher Bruttopachtzins: 5.464,62 DM).
Noch am selben Tag erwirkte der Gläubiger gegen die Verpächterin eine einstweilige Verfügung. Ihr wurde geboten, den Gläubiger nicht im Besitz der gepachteten Räume zu stören, insbesondere den Besitz wieder einzuräumen. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte das Amtsgericht der Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 20.000 DM, ersatzweise 20 Tage Ordnungshaft, an. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, der Pachtzinsrückstand gestatte der Schuldnerin nicht, den Pächter durch verbotene Eigenmacht in seinem Besitzrecht zu stören, er müsse vielmehr gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Daraufhin kündigte die Verpächterin am 13. Juni 1997 den Pachtvertrag fristlos und stützte sich dabei auf § 19 Ziff. 1 lit. a) des Pachtvertrages. Noch am selben Tag hinderte sie den Gläubiger erneut am Zutritt, indem sie abermals die Schließzylinder austauschen ließ.
Außerdem legte die Schuldnerin am 13. Juni 1997 Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein. Durch Urteil vom 10. Juli 1997 hat das Amtsgericht Mainz seine einstweilige Verfügung vom 10. Juni 1996 bestätigt.
Zuvor beantragte der Gläubiger wegen der (erneuten) Besitzstörung vom 13. Juni 1997 die Festsetzung der angedrohten Ordnungsmittel gegen die Schuldnerin.
Über diesen Antrag hat das Amtsgericht durch den...