Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Prozesskostenhilfe für Unterbevollmächtigten eines Rechtsanwalts als Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Führt ein zum Insolvenzverwalter bestellter Rechtsanwalt einen Prozess für die Masse bei einem auswärtigen Gericht, sind in der Regel weder Fahrtkosten noch die Kosten eine Unterbevollmächtigten erstattungsfähig. Der Insolvenzverwalter muss sich eines beim Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen. Daher kommt auch die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO nicht in Betracht.
Normenkette
ZPO § 121; RVG §§ 45-46, 48; BRAGO § 126 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 9 O 146/04) |
Tenor
In dem Rechtsstreit wird die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Mainz vom 17.1.2006 auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 391 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 23.6.2004 - XII ZB 61/04, BGHZ 159, 370 = MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1371 m. Anm. Schneider = NJW 2004, 2749) ist im Rahmen einer bewilligten Prozesskostenhilfe bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf der auswärtige Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" i.S.v. § 126 Abs. Abs. 1 S. 2 HS. 1 BRAGO (vgl. §§ 45, 46 RVG) beigeordnet werden. Dabei ist im Rahmen der verfassungsgemäßen Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Umstände eine zusätzliche Beiordnung auch dann geboten, wenn die Kosten des weiter beizuordnenden Rechtsanwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen.
Fahrtkosten von Schwerin nach Mainz und zurück stellen sich auf ca. 200 EUR (Bundesbahn). Unter Berücksichtigung von Abwesenheitsgeld ist diese Summe immer noch wesentlich geringer als die Gebühr von 391 EUR bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Unabhängig davon ist die Beiordnung eines Bevollmächtigten in Mainz über die erfolgte Beiordnung hinaus aus nachstehenden Gründen nicht zulässig.
2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kann nur stattfinden, wenn die Beauftragung eines am Sitz des Insolvenzverwalters ansässigen Hauptbevollmächtigten zur Führung eines Rechtsstreits eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 2. HS. ZPO darstellt. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig nicht der Fall, wenn ein zum Insolvenzverwalter bestellter Rechtsanwalt einen Prozess für die Masse vor einem auswärtigen Gericht führt, so dass weder (fiktive) Fahrtkosten noch die Kosten eine Unterbevollmächtigten erstattungsfähig sind, denn der zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger, Rechtsanwalt, hätte sich zur Kostenersparnis eines in der Nähe des Prozessgerichts residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen (BGH MDR 2006, 117; v. 13.7.2004 - X ZB 40/03, BGHReport 2004, 1664 = MDR 2005, 50 = NJW 2004, 3187). Insofern greift die eingeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das LG ggü. der beantragten Beiordnung eines Unterbevollmächtigten mangels "besonderer Umstände" i.S.d. § 121 Abs. 4 ZPO durch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1495002 |
JurBüro 2006, 322 |
MDR 2006, 1194 |
Rpfleger 2006, 477 |
AGS 2006, 351 |