Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Urteil vom 12.02.1999; Aktenzeichen 7 F 69/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – B. vom 12. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Klarstellend wird festgestellt, dass die elterliche Sorge für die beiden Kinder M. D., geboren am 27.1.1989 und J. L., geboren am 1.4.1991, den beiden Parteien gemeinsam zusteht.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.500 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese sich dagegen wendet, dass das Familiengericht es abgelehnt hat, ihr nach der Scheidung allein das Sorgerecht für die Kinder der Parteien M. D. und J. L. zu übertragen, hat in der Sache keinen Erfolg.
Auch der Senat ist nach nochmaliger Anhörung der Parteien nicht davon überzeugt, dass die alleinige Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten entspricht, § 1671 BGB.
Das Familiengericht hatte während der Trennungszeit allerdings gemäß § 1672 BGB a.F. der Antragsgegnerin die elterliche Sorge alleine übertragen. Dieser Entscheidung steht indes eine Regelung der elterlichen Sorge nach Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes zum 1.7.1998 gemäß § 1671 BGB nicht entgegen. In der Rechtsprechung ist dies zwar umstritten. Eine Reihe von Oberlandesgerichten (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 804; OLG Hamm, FamRZ 1998, 1136; OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 617; OLG Zweibrücken – 2. Senat –, FamRZ 1999, 807; so auch Johannsen/Henrichs/Jaeger, Eherecht, 3. Auflage, § 1671 BGB Rdnr. 16; FamRefK/Rogner, § 1671 BGB Rdnr. 50) hält die Ursprungsentscheidung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1696 BGB für abänderbar mit der Folge, dass es dann für die Änderung triftige Gründe geben muss, die die mit einer Änderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen (vgl. BGH NJW-RR 1986, 1130). Begründet wird dies im Ergebnis mit dem Fehlen einer materiell-rechtlichen Übergangsregelung in Artikel 15 Kindschaftsreformgesetz, weshalb allein auf § 1671 BGB n.F. abzustellen sei, der jedoch nach seinem Wortlaut voraussetze, dass die Sorge bei Antragstellung den Eltern gemeinsam zustehe. Dies wäre hier nicht der Fall, da das Familiengericht mit Beschluss vom 7. November 1995 der Antragsgegnerin allein die Sorge für die Kinder übertragen hat.
Der Senat schließt sich jedoch der Auffassung an, dass § 1671 BGB n.F. auf bei Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes anhängige Verfahren anwendbar ist und für den Fall, dass eine Entscheidung für die Trennungszeit nach § 1672 a.F. BGB ergangen war, abweichend vom Wortlaut des § 1671 BGB n.F. auf das Erfordernis der gemeinsam ausgeübten elterlichen Sorge zu verzichten ist (so OLG Bamberg, FamRZ 1999, 805; OLG Hamm, FamRZ 1998, 1315, FamRZ 1999, 38; OLG Zweibrücken – 6. Senat –, Beschluss vom 11. Februar 1999 – 6 UF 147/98; vgl. auch Luthin FamRZ 1998, 1465; 1999, 181, 804). Der Entscheidung nach § 1672 a.F. BGB haftet regelmäßig etwas Vorläufiges an. Sie sollte prinzipiell nur Gültigkeit während des Scheidungsverfahrens haben und erst mit einer endgültigen Entscheidung nach § 1671 a.F. BGB unwirksam werden (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1986, 715). Deshalb hält es der Senat für sinnvoll, für die Übergangsfälle ebenfalls § 1671 BGB anzuwenden. Dieser Weg erleichtert den Eltern und Kindern die Möglichkeit, zur gemeinsamen elterlichen Sorge zurückzukehren unter den geänderten Voraussetzungen des neuen Gesetzes, welches nunmehr eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Scheidung für die beste Lösung aus Sicht des Kindeswohls hält.
In der Sache teilt der Senat die Entscheidung des Familiengerichts, dass die Voraussetzungen für die Übertragung der Alleinsorge auf die Antragsgegnerin nicht vorliegen. Gemäß § 1671 Abs. 2 BGB ist die elterliche Sorge auf ein Elternteil nach der Trennung nur dann allein zu übertragen, wenn entweder der andere Elternteil zustimmt oder zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Wegen der fehlenden Zustimmung des Antragstellers ist hier nur auf die zweite Alternative einzugehen. Deren Voraussetzungen waren auch nach erneuter Anhörung der Parteien nicht feststellbar.
Das gilt von vornherein für die gemeinsame Tochter J. L., die nach übereinstimmenden Angaben der Parteien und des Jugendamtes ein trotz der Trennungssituation unproblematisches Kind ist. Betreffend J. hat keiner der Parteien von irgendeinem Vorkommnis berichtet, welches Anlass zu der Überlegung geben könnte, nur die Antragsgegnerin müsse zum Besten des Kindes die alleinige elterliche Sorge haben.
Demgegenüber ist der Sohn M. durch die Trennung und Scheidung der Eltern nachhaltig in seiner Entwicklung gestört. Er entwickelte zwanghafte körperliche Ticks, kann sich in der Schule nicht konzentrieren und ist psychisch angespannt. Er bedarf zur Zeit der psychologischen Betreuung.
Nach übereinstimmenden Angaben der Parte...