Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachters, der Parteiaufwand übernimmt
Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Restwerklohnprozess vor allem um die Massen gestritten, ist es dem Besteller in der Regel zumutbar, die maßgeblichen Tatsachen selbst zu ermitteln und vorzutragen, insbesondere wenn insoweit eine Beratungs- und Auskunftspflicht des Architekten des Auftraggebers fortbesteht.
2. Auch die Sorge, ansonsten unsubstantiiert auf die Klage zu erwidern, rechtfertigt nicht die Einschaltung eines Privatgutachters, wenn die Gegenseite darlegungs- und beweispflichtig ist und hinsichtlich etwaiger Substantiierungsmängel auf die Beachtung der gerichtlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO vertraut werden kann.
Normenkette
ZPO §§ 91, 139; BGB § 631
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 19.04.2012; Aktenzeichen 4 O 320/08) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3.5.2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 19.4.2012 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 923,92 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagten im Hauptsacheverfahren restliche Werklohnansprüche geltend gemacht. Dabei haben die Parteien insbesondere um die Berechnung von Massen gestritten. Mit Urteil vom 28.11.2011 hat das LG der Klage teilweise stattgegeben und sie teilweise zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 68 %, die Beklagte 32 % zu tragen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Beklagte hat mit Antrag vom 13.1.2012 die Berücksichtigung einer Kostenrechnung des mit der Rechnungsprüfung beauftragten Architekturbüros B. & L. i.H.v. 1.358,70 EUR beantragt.
Das LG hat die Festsetzung abgelehnt. Die Beklagte sei zwar nicht hinreichend fachkundig. Gleichwohl lägen die Voraussetzungen für die Erstattung innerprozessualer Gutachtenkosten nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss und die Nichtabhilfeentscheidung vom 14.6.2012 verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 4.5.2012. Sie habe die Rechnungskürzung substantiieren und ausformulieren müssen. Dies sei nicht Teil einer Schlussrechnungsprüfung. Die Komplexität des Sachverhaltes habe eine Aufarbeitung durch die sachverständigen Zeugen verlangt.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Die zur Kostenfestsetzung angemeldete Kostenrechnung des Architekturbüros B. & L. weist keinen innerprozessualen gutachterlichen Bezug auf, sondern ist dem Bereich der von der Partei allein zu tragenden Kosten zuzurechnen.
Soweit die Beklagte nach eigenem Vortrag über kein eigenes Personal verfügt, sondern im Rahmen der von ihr beauftragten Projekte stets auf Dienstleister zurückgreift, kann sie nicht günstiger gestellt werden, als eine Partei, die dies mit eigenem Personal bewerkstelligt. Die Information des Bevollmächtigten ist grundsätzlich Aufgabe der Partei und wird in ihrem zeitlichen Aufwand nicht besonders vergütet (BGH NJW 1976, 1256). Ist diese Verfahrensweise aufgrund der Arbeitsorganisation der Partei nicht möglich, sind die durch die Informationsaufarbeitung durch einen Dritten entstandenen Kosten allein der Risikosphäre der Partei zuzurechnen.
Einer über eine Prüfung der Schlussrechnung hinausgehende Aufarbeitung war aber auch nicht notwendig i.S.d. § 91 ZPO. Dies konnte der Beweisaufnahme vorbehalten bleiben. Die Architekten konnten als Zeugen zu den Beanstandungen der Schlussrechnungen und den Hintergründen benannt werden. Die weiteren Feststellungen waren dann von einem durch das Gericht zu beauftragenden Sachverständigen zu treffen. Die Begründung der Einwendungen zur Schlussrechnung ist nach Auffassung des Senates von den mit der Prüfung der Schlussrechnung beauftragten Architekten als Teil des Architektenvertrages geschuldet. Woraus sich eine andere Auffassung begründen soll, lässt sich den Ausführungen der Beklagten nicht entnehmen. Die Prüfung der Schlussrechnung beschränkt sich nicht auf das unbegründete Streichen einzelner Rechnungspositionen oder deren Korrektur, sondern muss immer auch die Begründung hierfür umfassen.
Die Befürchtung, das Gericht hätte den Vortrag als unsubstantiiert zurückgewiesen, verfängt nicht. Dies hätte einen Hinweis nach § 139 ZPO vorausgesetzt, auf den die Beklagte noch immer hätte reagieren können. Der Senat hat die Kosten für eine gutachterliche Beratung, um der Substantiierungspflicht zu genügen, bisher nur anerkannt, wenn schwierige Gutachten, die von dem Gericht eingeholt oder von der anderen Partei vorgelegt wurden, zu bewerten waren (vgl. etwa Senat v. 2.2.2011 - 14 W 62/11). Vorliegend war mit der Klageerwiderung auf eine einfach gestaltete und nur kurze Klage zu erwidern. Dabei ist auch zu beachten, dass die Klägerin für die Anspruchsbegründenden Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig war.
Der Hinweis, es habe ...