Leitsatz (amtlich)
Straftäter, die schon bei ihrer Verurteilung als besonders gefährlich eingeschätzt wurde, gegen die jedoch aufgrund der früheren Gesetzeslage noch keine Sicherungsverwahrung verhängt werden konnte, und die sich im anschließenden Strafvollzug jeglicher Resozialisierung und Therapierung verweigern, können allein wegen dieser Verweigerungshaltung nicht nach § 66 b StGB in anschließende (nachträgliche) Sicherungsverwahrung genommen werden. Die Verweigerungshaltung wird zwar erst im Strafvollzug erkennbar; sie allein lässt aber die Gefährlichkeit weder erstmals hervortreten noch rechtfertigt sie deren Neubewertung; sie macht nur deutlich, dass die bereits bestehende und erkannte Gefährlichkeit durch den Vollzug nicht gemindert oder beseitigt wurde. Das bloße Fehlschlagen einer erhofften Resozialisierung bei ansonsten unauffälligem und ordnungsgemäßem Vollzugsverhalten ist ein Problem, das von § 66 b StGB nicht erfasst wird und nach dem Willen des Gesetzgebers auch nicht erfasst werden sollte.
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 03.08.2004; Aktenzeichen 1004 Js 8403/95) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Unterbringungsbefehl der 1. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 3. August 2004 aufgehoben.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Verurteilten C..... richtet sich gegen den Unterbringungsbefehl des Landgerichts Bad Kreuznach vom 3. August 2004, mit dem das Gericht - gestützt auf die am 29. Juli 2004 in Kraft getretenen §§ 275a Abs. 5 Satz 1 StPO, 66b Abs. 2 StGB - seine einstweilige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und so seine für den 6. August 2004 vorgesehene Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Diez - nach vollständiger Verbüßung einer langjährigen Freiheitsstrafe - verhindert hat.
Die Begründung der angefochtenen Entscheidung lautet:
"G..... U.. C..... verbüßt zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Diez eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren aus dem Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Bad Kreuznach vom 29. Mai 1996. Strafende ist auf den 11. August 2004 notiert.
Es ist nunmehr die einstweilige Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung anzuordnen, § 275a Abs. 5 StPO.
Denn es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass G..... C..... gemäß § 66b Abs. 2 StPO durch Urteil der Schwurgerichtskammer nachträglich in der Sicherungsverwahrung unterzubringen sein wird. Die nun erkennbaren Tatsachen, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, ergeben sich aus Folgendem:
Der heute 42-Jährige hat bereits 20 Jahre und 7 Monate seines Lebens in Jugend- und Strafhaft verbracht, weil er seit 1978 vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist:
1.
30.10.1978 Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach: Einstellung eines Verfahrens gemäß § 45 JGG wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
2.
13.11.1979 Amtsgericht Bad Kreuznach: Verwarnung wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Der Verurteilte hatte am 9. Juli 1978 drei Jugendliche geschlagen und sie im Gesicht verletzt.
3.
17.01.1980 Amtsgericht Bad Kreuznach: Verwarnung wegen Trunkenheit im Verkehr.
4.
24.07.1981 Amtsgericht Bingen: 1 Monat Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung wegen Trunkenheit im Verkehr.
5.
20.08.1981 Amtsgericht Bad Kreuznach: Unter Einbeziehung der vorgenannten Entscheidung: 9 Monate Jugendstrafe wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis. C..... hatte am 07.08.1980 bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,3 Promille einen Fußgänger überfahren, der seinen Verletzungen erlegen war. Die Jugendstrafe wurde voll verbüßt.
6.
Am 15.07.1985 wurde C..... durch Urteil der Schwurgerichtskammer beim Landgericht Bad Kreuznach (Js 1525/84 Ks) wegen Totschlags und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren und 8 Monaten verurteilt.
Er hatte am 14. Februar 1984 einen Arbeitskollegen im Streit erschlagen und dem Sterbenden 30,00 DM entwendet.
Diese Strafe verbüßte C..... vollständig bis zum 14. Oktober 1994 in der Justizvollzugsanstalt Diez. Eine vorzeitige Entlassung wurde von der Strafvollstreckungskammer abgelehnt, weil der Verurteilte keinerlei Bereitschaft zeigte, sich mit seiner Alkoholproblematik auseinander zusetzen und sich weigerte, an der Vollzugsplankonferenz teilzunehmen.
G..... C..... blieb nur bis zum 13. August 1995 auf freiem Fuß.
Zunächst hatte er am 30. Juni 1995 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,43 Promille ohne Fahrerlaubnis ein nicht versichertes Leichtkraftrad im öffentlichen Straßenverkehr geführt.
Am 13. August 1995 hatte er sich unter einem Vorwand von einer 34-jährigen Taxifahrerin zu einem abgelegenen Ort in der Gemarkung W.............. fahren lassen, um die Frau dort zu vergewaltigen. Als es dem Opfer gelungen war, aus dem Pkw zu fliehen, hatte C..... sie mit dem Taxi verfolgt und absichtlich angefahren, worau...