Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatgutachterkosten vor- und innerprozessual: Beweis- und Darlegungslast
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 24.06.2010; Aktenzeichen 9 O 24/07) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) gegen den Beschluss des LG Koblenz vom 24.6.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte zu 1).
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.371,30 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH VersR 2008, 801; s. auch BGHZ 153, 235; VersR 2006, 1236 [1237]), der sich der Senat angeschlossen hat (OLG Koblenz VersR 2008, 802; OLG Koblenz MDR 2009, 471 = OLGReport Koblenz 2009, 383 = JurBüro 2009, 259; OLG Koblenz v. 17.3.2010 - 14 W 135/10), können die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird. Vielmehr muss sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen (OLG Koblenz MDR 2009, 471 = OLGReport Koblenz 2009, 383 = JurBüro 2009, 259). § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO verlangt dabei die Glaubhaftmachung der Kostenposition, die sich nicht nur auf die Vorlage des Kostenbeleges, sondern auch auf die der Annahme der Erstattungsfähigkeit zugrunde liegenden Tatsachen zu erstrecken hat.
Danach kann eine Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen des Sachverständigen ... [A] nicht angenommen werden. Die vorgelegten Rechnungen (Bl. 753 - 766) beziehen sich nicht auf die Erstellung eines konkreten Gutachtens sowie bestimmter gutachterlicher Stellungnahmen, sondern auf diverse Tätigkeiten in bestimmten Zeiträumen, die nach der Tätigkeitsbeschreibung - soweit sie überhaupt verständlich sind - in weiten Teilen zu den nicht zu vergütenden Arbeiten der Beklagten zu 1) selbst oder zu den mit der Verfahrens- und Terminsgebühr abgegoltenen Tätigkeiten des Bevollmächtigten gehören. Der Vortrag im Beschwerdeverfahren lässt sich dementsprechend mit den vorgelegten Kostenbelegen nicht in Einklang bringen. So ist die Frage, wie im Prozess nach einem Schriftsatz der Gegenseite weiter vorgegangen wird, keine von einem Sachverständigen zu beantwortende Frage. Die vorgelegte Abrechnungen belegen, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten nicht um Sachverständigenkosten für einen zwar privat beauftragten, im Übrigen aber unabhängigen Gutachter handelt, sondern um die Erstattung von Aufwendungen für eine in die Begleitung des Verfahrens vollständig, insbesondere auch bereits vorgerichtlich eingebundene Person. Dabei stellt die Beklagte zu 1) nicht in Abrede dass der Gutachter letztlich auch im Interesse der hinter ihr stehenden Haftpflichtversicherung gehandelt hat, die sicher nicht nur als Sachwalter der Beklagten, sondern auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig geworden ist.
Die erste Kostenposition stammt auch bereits aus dem Februar 2003. Zu diesem Zeitpunkt war das selbständige Beweisverfahren noch nicht anhängig. Erst rund zwei Jahre später wurde Klage erhoben. Im selbständigen Beweisverfahren war es der Beklagten zu 1) zumutbar, zunächst durch eigene Fragen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens zu nehmen und die Vorlage des entsprechenden Gutachtens abzuwarten.
Die Beschwerdeführerin legt im Ergebnis den Begriff der Prozessbezogenheit der sachverständigen Unterstützung zu weit aus. Die Prüfung der eigenen Einstandspflicht ist hiervon nicht umfasst. So ist vorliegend beachtlich, dass nicht die Beklagte zu 1) als Beschwerdeführerin, sondern die Kläger für die haftungsbegründenden Tatsachen sowie den Schaden darlegungs- und beweispflichtig waren. Es war also nicht die Beklagte zu 1), die sachverständig beraten die Darstellung des Sach- und Streitstandes vorbereiten musste. Wie das inzwischen rechtskräftige Urteil des LG zeigt, ist den Klägern der Nachweis aufgrund der gerichtlich eingeholten Gutachtens wie der Feststellungen des Privatgutachters und des Gutachters im selbständigen Beweisverfahren nicht gelungen. In welcher prozessualen Situation sich gleichwohl die Frage nach sachverständiger Unterstützung der Beklagten zu 1) stellte, wird weder konkret dargestellt, noch ist dies aus den Akten ohne weiteres zu erkennen.
Die pauschale Aufzählung von ...