Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 30.04.2013) |
Tenor
1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 30. April 2013 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch werden die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
1. Das Amtsgericht Idar-Oberstein verurteilte die Angeklagte durch Urteil vom 28. Juni 2012 wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, der Einzelstrafen von jeweils acht Monaten zugrunde lagen. Im Übrigen sprach es die Angeklagte frei. Die dagegen gerichtete, wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Angeklagten hat die 3. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Gesamtstrafe auf zwei Jahre und drei Monate herabgesetzt wurde.
2. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
a) Soweit sie sich gegen die Einzelstrafaussprüche richtet, ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da diese keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufweisen.
b) Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Berufungskammer hat auf neun Einzelfreiheitsstrafen von sieben Monaten erkannt und hieraus ohne nähere Ausführungen "unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte ... gemäß § 54 StGB" eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gebildet.
aa) Die Bildung der Gesamtstrafe ist ein eigenständiger und zu begründender Strafzumessungsakt, der gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB durch die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (sog. Einsatzstrafe) erfolgt und sich nicht an der Summe der Einzelstrafen oder an rechnerischen Grundsätzen zu orientieren hat, sondern an gesamtstrafenspezifischen Kriterien (stg. Rspr., vgl. BGH JR 2012, 35; NJW 2010, 3176; wistra 2010, 264; Beschl. vom 05.08.2010 - 2 StR 340/10, [...]; Beschl. vom 13.11.2008 - 3 StR 71/10, [...]; BGH, NStZ 2003, 295; Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 54 Rn. 12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 54 Rn. 6 ff. m.w.N.). Die Erhöhung der Einsatzstrafe kann geringer ausfallen, wenn zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht, da die wiederholte Begehung gleichartiger Taten der Ausdruck einer niedriger werdenden Hemmschwelle sein kann. Andererseits kann hierin aber je nach den Umständen des Einzelfalles auch ein Indiz für eine besondere kriminelle Energie (§ 46 Abs. 2 StGB) gesehen werden. Auch zeitlich weit auseinander liegende Taten gegen verschiedene Rechtsgüter sprechen eher für eine deutliche Erhöhung der Einsatzstrafe (BGH JR 2012, 35; Fischer a.a.O. Rn. 10).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Tatgericht die Gründe für die Zumessung auch hinsichtlich der Gesamtstrafe nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB im Urteil anzuführen (BGH a.a.O.; NStZ 1987, 183; NJW 1953, 1360). Einer eingehenden Begründung bedarf es, wenn die Gesamtstrafe sich auffallend von der Einsatzstrafe entfernt (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8; Beschl. vom 05.08.2010 - 2 StR 340/10, [...]).
bb) Diesen Anforderungen wird die Begründung des Landgerichts nicht gerecht. Sie lässt eine Überprüfung der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe, insbesondere der sie tragenden Strafzumessungserwägungen nicht zu. Obwohl sich die Gesamtstrafe deutlich von der Einsatzstrafe entfernt, hat sich die Kammer auf eine formelhafte Begründung beschränkt. Diese lässt insbesondere nicht erkennen, dass gesamtstrafenspezifische strafmildernde Umstände, wie der hier gegebene besonders enge zeitliche, sachliche und situative Zusammenhang der gleichartigen Taten, berücksichtigt worden wäre.
c) Die Gesamtstrafe muss daher erneut bemessen werden. Die Feststellungen können jedoch bestehen bleiben, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
Der Senat hat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b StPO den neuen Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlusswege gemäß §§ 460, 462 StPO zu verweisen. In Fällen, in denen - wie hier - dem Tatgericht bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe echte Zumessungsfehler unterlaufen sind, ist das Beschlussverfahren in der Regel ungeeignet (vgl. BGH StV 2006, 402).
Fundstellen