Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahnarztpflichten nach Beendigung des Behandlungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Ebenso wie der Patient den Behandlungsvertrag jederzeit auch ohne Kündigungs- grund beenden kann, darf er mangels Vertrauen in die Fachkunde des Arztes dessen Nachbesserungsvorschlag ablehnen (Klarstellung zu OLG Koblenz in MedR 2010, 263 = GesR 2009, 555 = OLGReport Koblenz 2009, 816 = VersR 2009, 1542)
2. Da der Zahnarzt Dienste schuldet, kann er insoweit nicht wegen Leistungsmängeln auf Nachbesserung in Anspruch genommen werden.
3. Der erstinstanzlich versäumte Antrag auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen kann in zweiter Instanz nicht mit Erfolg durch die Behauptungen nachgeholt werden, das schriftliche Gutachten habe man wegen dessen vermeintlicher Mängel "nicht ernst genommen" und es sei auch nicht zu erwarten gewesen, dass der Sachverständige von seiner schriftlichen Einschätzung abweiche.
4. Ein Beweisantrag auf Zeugenbefragung nachbehandelnder Zahnärzte ist in der Regel abzulehnen, wenn das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen auf einer gesicherten Tatsachengrundlage beruht und auch in seinen Schluss- folgerungen überzeugt.
Normenkette
BGB §§ 249, 253, 280-281, 611, 627-628, 823; ZPO §§ 286-287, 404, 404a, 411
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 10.05.2012; Aktenzeichen 10 O 235/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Koblenz vom 10.5.2012 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das angefochtene Urteil und der Senatsbeschluss sind vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 12.726,08 EUR.
Gründe
Die Berufung ist aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 22.10.2012 unbegründet. Dort hatte der Senat mitgeteilt:
" 1. Der Beklagte war von April bis September 2007 Patient des klagenden Zahn-arztes, der mehrere Zähne mit neuem Zahnersatz versorgte. Die abschließende Rechnung des Klägers von 9.916,98 EUR beglich der Beklagte bis auf 769,69 EUR. Dieser Betrag nebst Mahnkosten war Gegenstand der Klage; insoweit hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung des LG anerkannt.
Mit seiner im Mai 2009 erhobenen Widerklage begehrt er 7.946,39 EUR Nachbehandlungskosten; hilfsweise bittet er insoweit um Freistellung von den Kosten des nachbehandelnden Zahnarztes. Daneben beansprucht der Beklagte ein auf mindestens 2.500 EUR zu bezifferndes Schmerzensgeld. Letztlich möchte er die Ersatzpflicht des Klägers für materielle und immaterielle Zukunftsschäden festgestellt wissen. Dazu hat er vorgetragen, dem Kläger seien mehrere, teils grobe Behandlungsfehler unterlaufen, deren Beseitigung den bezifferten Betrag erfordere. Daneben schulde der Kläger Schmerzensgeld.
Dieser hat erwidert, er habe die Nachbesserung kleinerer Mängel mehrmals angeboten. Darauf sei der Beklagte ohne sachlichen Grund nicht eingegangen.
2. Das sachverständig beratene LG hat den Beklagten seinem Anerkenntnis entsprechend verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Vorhandene Mängel der Vertragsleistungen des Klägers habe der Sachverständige überzeugend als minimal qualifiziert. Das habe der Beklagte vom Kläger nachbessern lassen müssen.
3. Mit seiner Berufung hält der Beklagte an seinen Anträgen zur Widerklage fest. Er wiederholt, vertieft und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger verteidigt die Entscheidung des LG.
4. Die Berufung ist im Ergebnis ohne Aussicht auf Erfolg.
Die Begründung der Entscheidung des LG begegnet allerdings vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH zur Rechtsnatur des Zahnbehandlungsvertrages und den Folgen einer Vertragswidrigkeit des Zahnarztes Bedenken (vgl. einerseits Urteil des BGH v. 29.3.2011 - VI ZR 133/10 - in NJW 2011, 1674 und andererseits die von Spickhoff in NJW 2011, 1653 mit Blickrichtung auf § 281 Abs. 2 BGB geäußerte Kritik an der in MedR 2010, 263 - 264 abgedruckten Entscheidung des erkennenden Senats).
Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall war hier die Behandlung des Beklagten durch den Kläger allerdings abgeschlossen. Das ändert aber nichts daran, dass der Beklagte sich auf eine Nachbesserung durch den Kläger nicht einlassen musste (§ 281 Abs. 2 BGB und Rechtsgedanke der §§ 627 Abs. 1 BGB). Ebenso wie der Patient den Behandlungsvertrag jederzeit auch ohne Kündigungsgrund beenden kann, darf er mangels Vertrauen in die Fachkunde des Arztes dessen Nachbesserungsvorschlag ablehnen. Soweit sich aus dem obiter dictum der in MedR 2010, 263 abgedruckten Senatsentscheidung etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
Einen Nachbesserungsvorschlag muss der Patient daher nur akzeptieren, soweit eine spezifisch zahnärztliche Heilbehandlung nicht vorliegt, sondern es sich nur um die technische Anfertigung einer Prothese handelt (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1974 - VII ZR 182/73 - in BGHZ 63, 306 - 313). Darum geht es hier nicht, weil der Beklagte Mängel der Planung und Gestaltung der zahnärztlichen Leistungen rügt.
Unter den dargestellten rechtlich...