Entscheidungsstichwort (Thema)
Ärztliche Aufklärungspflicht vor Knieoperation - Arthrofibrose
Leitsatz (amtlich)
Die Risiken eines Eingriffs hat der Arzt beim Aufklärungsgespräch nicht mit medizinischen Fachbegriffen, sondern in einer dem Laien verständlichen Weise darzustellen. Die Gefahr einer Arthrofibrose nach einer Kniegelenksoperation ist durch den Hinweis hinreichend umschrieben, dass Funktions- und Bewegungseinschränkungen auftreten können und die Gefahr von Verkalkungen in benachbarten Muskeln besteht, die zu erheblichen Bewegungseinschränkungen führen können und u.U. langdauernde krankengymnastische oder ggf. auch operative Nachbehandlungen erfordern.
Normenkette
BGB §§ 249, 253, 276, 278, 611, 823, 831; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 4 O 12/12) |
Tenor
In dem Rechtsstreit - Klägerin und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte gegen
1. ...
2. Dr. med.
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte wegen Arzthaftung weist der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz die Klägerin darauf hin, dass er beabsichtigt, ihre Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben.
Im Einzelnen:
1. Die 1970 geborene Klägerin begehrt von den Beklagten immateriellen Schadensersatz wegen einer am 4.12.2008 durchgeführten Knieoperation. Daneben möchte sie die Ersatzpflicht der Beklagten für entsprechende, aber auch für materielle Zukunftsschäden festgestellt haben.
Der Zweitbeklagte (Chefarzt der Orthopädie des erstbeklagten Krankenhauses) nahm an dem bereits mehrmals voroperierten und zuletzt prothetisch versorgten linke Kniegelenk der Klägerin wegen eines mechanischen Prothesenproblems mit Schmerzsymptomatik einen Revisionseingriff vor.
Dadurch sieht die Klägerin sich weitergreifend geschädigt. Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, sowohl die therapeutische als auch die Risikoaufklärung seien unvollständig und fehlerhaft gewesen. Letzteres gelte auch für die Durchführung des Eingriffs.
2. Das LG hat Sachverständigenbeweis erhoben und die Klägerin und den Zweitbeklagten angehört (§ 141 ZPO). Die Einzelrichterin hat die Klage sodann mit der Begründung abgewiesen, über die Möglichkeit der Weiterführung einer konservativen Therapie habe angesichts des langdauernd frustranen Verlaufs dieser Behandlung nicht aufgeklärt werden müssen. Auch die Risikoaufklärung sei nicht zu beanstanden; die Klägerin habe daher wirksam in den Eingriff eingewilligt.
3. Dagegen richtet sich die Berufung unter Beibehaltung der erstinstanzlichen Anträge.
Die Klägerin wiederholt, vertieft und ergänzt ihr dortiges Vorbringen, insbesondere zu den Aufklärungsversäumnissen. Die insoweit beweisbelasteten Beklagten hätten den Nachweis umfassender und sachgemäßer Aufklärung nicht geführt. Zudem sei das LG an dem Beweisantrag auf Vernehmung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen vorbeigegangen. Er werde bekunden, dass der Zweitbeklagte bei der Erstberatung nicht über das Risiko der Arthrofibrose informiert habe.
4. Das zulässige Rechtsmittel ist - ohne dass es auf die noch ausstehende Berufungserwiderung ankommt - offensichtlich unbegründet.
Das angefochtene Urteil ist außergewöhnlich eingehend, sorgfältig und überzeugend begründet. Daher nimmt der Senat statt Wiederholung auf die angefochtene Entscheidung Bezug.
Was die Berufung dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig. Insbesondere ist das LG nicht an einem entscheidungserheblichen Beweisangebot der Klägerin vorbeigegangen.
a. Auf Seite 2 der Klageschrift ist mitgeteilt, dass der Zeuge W. die Klägerin zu dem ersten Untersuchungstermin bei dem Zweitbeklagten am 13.11.2008 begleitete (Bl. 2 GA). Bei dieser ambulanten Untersuchung und Beratung ging es noch nicht um die Risiken des später am 4.12.2008 durchgeführten Eingriffs. Die Klägerin wünschte vielmehr einen ersten ärztlichen Rat zum weiteren Procedere.
Dass der Zweitbeklagte zu einem Revisionseingriff riet, ist aus den vom LG aufgezeigten Gründen nicht zu beanstanden.
Die Frage der Risikoaufklärung und ihrer inhaltlichen Gestaltung stellte sich derart weit im Vorfeld eines lediglich denkbaren Eingriffs nicht.
Daher kommt es auch nicht darauf an, was der Ehemann der Klägerin am 13.11.2008 wahrgenommen hat; der Senat unterstellt das Berufungsvorbringen als zutreffend.
b. Die stationäre Aufnahme zur Operation erfolgte am 1.12.2008.
Das Vorbringen auf Seiten 5 und 6 der Klageschrift, endend mit dem Beweisangebot "Wolfgang W.", kann zwar auf den ersten Blick dahin verstanden werden, dass der Zeuge seine Ehefrau, die Klägerin, auch an diesem Tag begleitete und demzufolge bei den nunmehr geführten Aufklärungsgesprächen ebenfalls anwesend war.
Das ist jedoch durch den eigenen späteren Vortrag der Klägerin widerlegt, wonach sie am 1.12.2008 von ihrer Schwester, Frau Carmen D., begleitet wurde (SS vom 12.9....