Verfahrensgang
AG Andernach (Beschluss vom 28.12.1994; Aktenzeichen 7 F 52/93) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Andernach vom 28. Dezember 1994 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Der Antragsteller hat beantragt, den Umgang mit den beiden gemeinschaftlichen Kindern dahin zu regeln, daß er diese an jedem 2. und 4. Wochenende eines Monats in der Zeit von samstags 13.00 Uhr bis sonntags 19.00 Uhr zu Besuch zu sich nehmen kann. Die Antragsgegnerin ist diesem Begehren entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, daß Umgangskontakte alle zwei Wochen für die Dauer von vier Stunden unter Berücksichtigung der Belange der Kinder ausreichend seien. Das Amtsgericht hat im Hinblick auf das in erheblichem Maße streitig geführte Verfahren ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten über die unter Berücksichtigung des Kindeswohl gebotene Ausgestaltung des Umgangsrechts eingeholt, das zu der Empfehlung gelangt ist, zunächst alle drei Wochen Besuche der Kinder beim Vater während sechs Stunden vorzusehen und, langfristig eine Ausdehnung anzustreben. Im Termin vom 5. Mai 1994 ist es mit Zustimmung des Familiengerichts zu einer einvernehmlichen Regelung des Umgangsrechts des Inhalts gekommen, daß der Vater das Recht hat, die Kinder an jedem 3. Samstag in der Zeit von 10.00 bis 18.00 Uhr besuchsweise zu sich zu nehmen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Vaters, der diesem im Rahmen der ihm bewilligten Prozeßkostenhilfe beigeordnet worden war, hat (unter anderem), die Festsetzung einer Vergleichsgebühr beantragt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat dem Begehren entsprochen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Bezirksrevisors ist durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen worden. Mit seiner Beschwerde verfolgt der Bezirksrevisor die Auffassung weiter, daß die Vergleichsgebühr nebst anteiliger Umsatzsteuer und Auslagenpauschale nicht hätte berücksichtigt werden dürfen und erstrebt deren Absetzung.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Rechtsanwalt Schuldes steht die festgesetzte Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO zu.
Die Frage, ob die Mitwirkung eines Rechtsanwalt bei der Einigung der Eltern über die Regelung des Umgangsrechts eine Vergleichsgebühr auszulösen vermag, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Die eine Auffassung verneint das Anfallen der Gebühr mit der Begründung, ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB könne nur hinsichtlich eines Rechtsverhältnisses geschlossen werden, das zur Disposition der Parteien stehe. Über das Umgangsrecht mit einem Kind könnten die Eltern aber letztlich nicht verfügen, vielmehr schaffe erst die Entscheidung des Familiengerichts eine für alle Beteiligten verbindliche und nach § 33 FGG durchsetzbare Regelung (vgl. OLG Oldenburg, JurBüro 1994, 426 f.; OLG Koblenz, JurBüro 1989, 198 f.; Zöller-Philippi, ZPO, 19. Aufl., § 630 Rn. 16).
Demgegenüber bejaht die herrschende Meinung die Möglichkeit einer die Gebühr des § 23 BRAGO auslösenden vergleichsweisen Regelung des Umgangsrechts, weil hierdurch sowohl der Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG als auch die Entscheidungsmöglichkeit des Gerichts erheblich eingeschränkt werde (vgl. OLG Zweibrücken, KostRspr. § 23 BRAGO Nr. 7; OLG Celle, AnwBl. 1984, 624; OLG Saarbrücken, JurBüro 1987, 234 f.; OLG Stuttgart, JurBüro 1988, 1003 f.; OLG Bamberg, JurBüro 1989, 68 f.; Kammergericht, JurBüro 1989, 1548; OLG München, JurBüro 1991, 674 ff.; Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl., § 36 BRAGO; Rn. 7; Gerold-Schmidt, BRAGO, 11. Aufl., § 36 Anm. 4; Göttlich-Mümmler, BRAGO, 18. Aufl., Stichwort: Familiensachen, Anm. 1.14).
Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung seines Standpunktes an der bisher in ständiger Rechtsprechung vertretenen ersten Auffassung nicht mehr fest, sondern schließt sich der herrschenden Meinung an. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Der Begriff des Rechtsverhältnisses i.S.d. § 779 BGB ist weit auszulegen und umfaßt auch familienrechtliche Beziehungen, soweit sie nicht der Verfügungsbefugnis der Parteien entzogen sind (vgl. Riedel-Sußbauer, BRAGO, 6. Aufl., § 23 Rn. 6 und 9). Das ist hinsichtlich des Umgangsrechts nicht der Fall. Die Ausgestaltung des persönlichen Umgangs richtet sich in erster Linie nach dem Willen der Eltern, die deshalb die Einzelheiten selbst durch Vereinbarung regeln können. Nach dem aus den §§ 1634 Abs. 2 Satz 2, 1671 Abs. 3 Satz 1 BGB ableitbaren Rechtsgedanken soll das Familiengericht nur dann von Amts wegen eingreifen, wenn und soweit dies zum Wohle des Kinder erforderlich ist (vgl. Johannsen-Henrich-Jaeger, EheR, 2. Aufl., § 1634 Rn. 12; Palandt-Diederichsen, BGB, 53. Aufl., § 1634 Rn. 9 f.). Im übrigen soll eine gerichtliche Regelung im allgemeinen nur dann ergehen, wenn ein Ehegatte dies anregt (§ 623 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Hieraus läßt sich eine weitgehe...