Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung zwischen dem Aufgabenbereich eines Umgangsbegleiters und eines Umgangspflegers.
Zum Aufgabenbereich des Umgangspflegers darf nur dann ausnahmsweise auch die Begleitung der Umgänge bestimmt werden, wenn dessen Anwesenheit auch bei der Durchführung des Umgangs gerade deshalb notwendig ist, damit er seine ihm aus § 1684 Abs. 3 Satz 3 und 4 BGB übertragenen Aufgaben sachgerecht wahrnehmen kann (Anschluss an BGH FamRZ 2019, 199), dies insbesondere zur Abwendung einer Verletzung der Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB erforderlich ist.
Da alleiniger Maßstab das Kindeswohl ist, kommt die Einschränkung des Umgangsrechts auch im Falle der Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch den betreuenden Elternteil in Betracht.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 2-4, § 1697a
Verfahrensgang
AG Neuwied (Aktenzeichen 17 F 61/21) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 05.04.2022, Az. 17 F 61/21, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.04.2022 hat das Familiengericht dem Antragsteller in Abänderung der bisherigen, ihm einen begleiteten Umgang einmal wöchentlich für die Dauer von zwei Stunden gewährende Regelung bestimmt, dass der Umgang des Antragstellers mit seinem sechsjährigen Sohn wöchentlich dienstags von 16 bis 18 Uhr stattfindet. Zudem hat das Familiengericht befristet bis zum 30.09.2022 eine Umgangspflegschaft angeordnet und zum Aufgabenbereich des bestellten Umgangspflegers neben der Begleitung der Übergaben auch die Begleitung der Umgänge sowie die anschließende Reflektion dieser mit den Kindeseltern bestimmt.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller und Kindesvater mit seiner am 28.04.2022 eingelegten und nicht weiter begründeten Beschwerde. Erstinstanzlich hatte er einen unbegleiteten und zeitlich ausgedehnten Umgang begehrt.
Der Senat hat der Antragsgegnerin, dem Jugendamt und dem bestellten Verfahrensbeistand die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Hiervon Gebrauch gemacht hat nur der Verfahrensbeistand, welcher die angefochtene Entscheidung verteidigt.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die in verfahrensrechtlicher Weise nicht zu beanstandende Entscheidung des Familiengerichts erweist sich im Ergebnis auch materiell-rechtlich als zutreffend.
Der Senat entscheidet über das Rechtsmittel ohne erneute mündliche Anhörung der Beteiligten, da das Familiengericht die Eltern und sonstigen Beteiligen, einschließlich des betroffenen Kindes, erst kürzlich ausführlich angehört hat und der Senat sich durch eine erneute Anhörung keine weitergehenden Erkenntnisse verspricht. Das Beschwerdegericht ist auch verfassungsrechtlich oder nach Art. 8 EMRK nicht gehalten, einen Anhörungstermin durchzuführen, wenn - wie hier - das Amtsgericht bereits alle notwendigen Ermittlungen fehlerfrei (vgl. BGH FamRZ 2011, 805) durchgeführt hat und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, welchen weiteren Erkenntnisgewinn die erneute mündliche Anhörung der Beteiligten im Beschwerdeverfahren hätte haben können (vgl. BVerfG FamRZ 2016, 1917, 1921 und EuGHMR FamRZ 2018, 350). Durch die Neuregelung in § 68 Abs. 5 FamFG hat sich in dem vorliegenden Verfahren an dieser Rechtslage keine Änderung ergeben. Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung lässt aufgrund des Ergebnisses der bisherigen persönlichen Anhörungen sowie der schriftsätzlichen Stellungnahmen ausreichend beurteilen. Nachdem der Antragsteller eine Beschwerdebegründung nicht vorgelegt hat, darf nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne von i.d.R. zwei bis drei Wochen eine Entscheidung über das Rechtsmittel ergehen (vgl. BGH ZInsO 2017, 1181).
Das Familiengericht hat zu Recht gemäß §§ 1696 Abs. 1, 1684 Abs. 3, 4 BGB den Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn neu geregelt und dabei zugleich eine zeitlich befristete Umgangspflegschaft angeordnet.
Eine Neuregelung war hier bereits deshalb veranlasst, weil das Jugendamt seine Kostenzusage für den bisherigen begleiteten Umgang nicht mehr verlängert hat. Mangels eigener Kostentragung durch den Antragsteller konnte der bisher vereinbarte begleitete Umgang folglich nicht mehr stattfinden.
Das Familiengericht hat den zukünftigen Umgang ausreichend konkret nach Zeit, Ort und Dauer geregelt. Ebenso ist die zeitlich bis zum 30.09.2022 befristete Anordnung der Umgangspflegschaft und die Erstreckung des Aufgabenbereichs des Umgangspflegers auch auf die Begleitung der Umgänge im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.
Allerdings ist es nicht zulässig, einen Umgangspfleger allein deshalb zu bestellen und mit der Begleitung der Umgänge zu betrauen, weil eine mitwirkungsbereite Begleitperson nicht vorhanden ist und das Jugendamt keine (weitere) Kostenzusage für eine Umgangsbegleitung erteilt. Denn die Umgangspfle...