Verfahrensgang

AG Simmern (Aktenzeichen 50 F 59/21)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Simmern/Hunsrück vom 10.05.2021 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 150,00 Euro. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Anrechnung des sog. Corona-Kinderbonus und dessen Rechtsfolgen bei Vorliegen eines Unterhaltstitels nach § 253 FamFG.

Der Antragsteller ist der Vater des nicht mit ihm in einem Haushalt lebenden Antragsgegners. Mit Beschluss vom 29.10.2009 setzte das Familiengericht Simmern den Unterhalt des Antragsgegners gegen den Antragsteller mit 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe mit der Maßgabe fest, dass sich der Unterhalt um die Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes Kind vermindere (Anlage K1). Der Antragsteller zahlte den Unterhalt regelmäßig entsprechend der festgelegten Dynamik. Im September 2020 zahlte der Antragsteller an den Antragsgegner den Unterhalt abzüglich des Betrages in Höhe der Hälfte des gewährten Corona-Kinderbonus für diesen Monat, mithin 100,00 EUR weniger. Im Oktober 2020 zahlte der Antragsteller an den Antragsgegner den Unterhalt, vermindert um den Betrag der Hälfte des Corona-Kinderbonus für diesen Monat, mithin 50,00 EUR weniger. Die jeweiligen Überweisungsträger wiesen unter Verwendungszweck "...incl. Abzug Corona-Kindergeld..." auf (Anlagen K2 und 3). Der für September überwiesene Betrag ging bei der Kreisverwaltung ...[Z] als Beistand des Antragsgegners am 01.09.2020 ein, der überwiesene Betrag für Oktober 2020 am 25.09.2020. Mit Schreiben vom 04.11.2020 (Anlage K4) forderte der Beistand den Antragsteller auf, den Unterhaltsrückstand von 150,00 EUR unverzüglich nachzuzahlen. Im Rahmen eines telefonischen Klärungsversuches bestand der Beistand auf die Nachzahlung. Da der Antragsteller dem nicht nachgekommen war, erwirkte der Beistand den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beim zuständigen Amtsgericht Schönebeck in Höhe von 150,00 EUR (Anlage K5). Auf Antrag des Antragstellers stellte das Amtsgericht Schönebeck die Zwangsvollstreckung für die Dauer von drei Monaten einstweilen ein und bestimmte, dass der Antragsteller die Entscheidung des Prozessgerichts herbeiführen solle. Weitere Unterhaltsrückstände bestehen nicht.

Mit seinem am 25.01.2021 eingegangenen Antrag wendet sich der Antragsteller gegen die Zwangsvollstreckung und hat zur Begründung ausgeführt, dass der sogenannte Corona-Kinderbonus unterhaltsrechtlich wie Kindergeld zu behandeln und daher hälftig auf den Kindesunterhalt der Monate September 2020 und Oktober 2020 anzurechnen sei. Diese Anrechnung hinsichtlich des gesetzlichen Kindergeldes sei im Titel ausgewiesen, so dass die Berücksichtigung der Boni automatisch erfolgen müsse. Einer Abänderung des Unterhaltstitels bedürfe es insoweit nicht. Der Antragsgegner vollstrecke Forderungen, die nicht tituliert seien. Das Feststellungsverfahren sei daher die zulässige Verfahrensart.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Simmern vom 29.10.2009 zum Az.: 5 FH 29/09 unzulässig und damit einzustellen ist, soweit für die Monate September 2020 und Oktober 2020 ein Betrag von insgesamt 150,00 EUR vollstreckt wird.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat ausgeführt, dass der Kinderbonus gerade kein Kindergeld sei, sondern lediglich nur wie solches zu behandeln sei. Er verweise insbesondere auf die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Nr. 39/2020 vom 12.06.2020. Ein automatischer Abzug scheide aus, so dass wie üblich bei zusätzlichem Einkommen des Unterhaltsberechtigten eine Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels nur in Betracht käme, wenn der Antragsteller die Herabsetzung des Unterhalts oder einen entsprechenden Verzicht des Unterhalts beantragen würde. Dann müsse auch die Leistungsfähigkeit des Antragstellers insgesamt einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Denn dies beeinflusse darüber hinaus den Bedarf des Kindes. Ein Herabsetzungs- oder Verzichtsverlangen habe der Antragsteller nicht ausreichend deutlich im Sinne einer sogenannten negativen Mahnung ausgesprochen. Dazu habe er jedoch vor Fälligkeit des Unterhalts ausreichend Zeit gehabt.

Mit Beschluss vom 10.05.2021 hat das Familiengericht festgestellt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Simmern / Hunsrück vom 29.10.2009, Az.: 5 FH 29/09, unzulässig und damit einzustellen ist, soweit für den Monat September 2020 ein Betrag in Höhe von 100,00 EUR und für Oktober 2020 ein Betrag in Höhe von 50,00 EUR vollstreckt wird und zur Begründung ausgeführt, dass der Antragsgegner eine Zwangsvollstreckung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreibe, obwohl es sich dabei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?