rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung. anwaltliche Vergleichsgebühr. Einbeziehung nicht anhängiger Ansprüche in einen Vergleich der Rechtsmittelinstanz
Leitsatz (amtlich)
Werden in 2. Instanz nicht anhängige Ansprüche mitverglichen, so erfallen dafür 13/10 einer 15/10 = 19,5/10 Vergleichsgebühr.
Normenkette
BRAGO §§ 23, 11 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 237/95) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Parteien wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Koblenz vom 9. September 1999 dahin abgeändert, dass der von der Klägerin an den Beklagten zu erstattende Kostenbetrag um 908,76 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Oktober 1999 erhöht wird.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.
Der Wert des – insgesamt erfolgreichen – Beschwerdeverfahrens wird auf 1.870,98 DM (= 2/3 von 2.084,81 DM und 1/3 von 1.443,33 DM) festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien haben sich in zweiter Instanz, in der gegenseitige Ansprüche im Wert von insgesamt 164.000 DM im Streit waren, verglichen. Der Vergleichwert betrug 194.000 DM, weil die Einigung nicht anhängige Ansprüche von 30.000 DM einbezog. Von den Kosten des Vergleichs fielen vereinbarungsgemäß der Klägerin 2/3 und dem Beklagten 1/3 zur Last.
Auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 BRAGO hat die Klägerin Gebühren von insgesamt 5.391,75 DM nebst Mehrwertsteuer zur Kostenausgleichung angemeldet. Der Betrag von 5.391,75 DM setzt sich aus einer 13/10-Gebühr nach einem Wert von 164.000 DM, nämlich 3.386,50 DM sowie einer 19,5/10-Gebühr aus einem Wert von 30.000 DM zusammen, welch letztere unter Beachtung der Obergrenze des § 13 Abs. 3 BRAGO mit 2.005,25 DM ermittelt worden ist. Demgegenüber hat der Beklagte lediglich eine 13/10-Vergleichsgebühr aus einem Wert von 194.000 DM, also 3.594,50 DM nebst Mehrwertsteuer geltend gemacht.
Während der Rechtspfleger den insoweit von dem Beklagten erhobenen Anspruch voll berücksichtigt hat, hat er zu Gunsten der Klägerin nur Gesamtkosten von 4.147,50 DM zuzüglich Mehrwertsteuer in die Ausgleichsrechnung eingestellt. Das entspricht der Summe einer 13/10-Gebühr aus einem Wert von 164.000 DM und einer – durch § 13 Abs. 3 BRAGO begrenzten – 15/10-Gebühr aus 30.000 DM. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, die eine Korrektur der Entscheidung des Rechtspflegers im Sinne ihres weitergehenden Ausgangsantrags (19,5/10 Gebühr aus 30.000 DM) erstrebt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels, hilfsweise begehrt er die Berücksichtigung des von der Klägerin geltend gemachten Kostenbetrags von insgesamt 5.391,75 DM nebst Mehrwertsteuer auch zu seinen Gunsten.
II.
Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel der Klägerin ist begründet. Darüber hinaus hat auch die von dem Beklagten eingelegte Anschlussbeschwerde Erfolg, die keine Beschwer voraussetzt (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 104 Rnr. 46) und die, wie dies hier geschehen ist, das „Nachschieben” von Kostenerstattungsansprüchen ermöglicht (OLG Bamberg JurBüro 1981, 1679, 1680; Herget in Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 103, 104 Rnr. 21).
1. Abweichend von der Auffassung des Rechtspflegers bemisst sich die anwaltliche Vergleichsgebühr, die im vorliegenden Fall auf beiden Seiten im Hinblick auf den Wert der mitverglichenen, nicht anhängigen Ansprüche von insgesamt 30.000 DM entstanden ist, nicht nach einem Satz von 15/10, sondern nach einem solchen von 19,5/10 der in § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO auf gelisteten Beträge. Das führt in Anwendung des § 13 Abs. 3 BRAGO dazu, dass für die Klägerin und für den Beklagten jeweils Gebühren von 5.391,75 DM nebst Mehrwertsteuer, mithin 6.254,43 DM in die Kostenausgleichung einzubeziehen sind. Während dies für die Klägerin, verglichen mit den vom Rechtspfleger angesetzten 4.811,10 DM (= 4.147,50 DM zuzüglich Mehrwertsteuer), einen Mehrbetrag von 1.443,33 DM bedeutet, ergibt sich zu Gunsten des Beklagten gegenüber den berücksichtigten 4.169,62 DM (= 3.594,50 DM nebst Mehrwertsteuer) ein positiver Unterschied von 2.084,81 DM. Im Rahmen der Kostenausgleichung errechnet sich daraus gemäß der vereinbarten Quote ein zusätzlicher Erstattungsanspruch des Beklagten in Höhe von 908,76 DM.
2. Der Ansatz einer 19,5/10-Gebühr aus dem Wert der nicht anhängigen und mitverglichenen Ansprüche rechtfertigt sich aus §§ 23 Abs. 1 S. 1, 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO. Wenn in § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO davon die Rede ist, dass der Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs fünfzehn Zehntel der vollen Gebühr erhält, besagt dies nicht, dass ihm damit immer nur der eineinhalbfache Betrag der in § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO angesprochenen Gebühren zusteht. Vielmehr erhöhen sich diese Gebühren nach § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO im Berufungsverfahren um 30 %. Insoweit beläuft sich in der zweiten Instanz eine volle Gebühr auf das 1,3-fache der in § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO niedergelegten Beträge. Diese – erhöhten – Zahlenwerte bilden regelmäßig die Grundlage für die Gebührenberechnu...