Normenkette
StGB §§ 44, 69 Abs. 2 Nr. 3, § 142; StPO § 111a
Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 30.09.2021) |
Tenor
- Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 30. September 2021 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- Das weitergehende Rechtsmittel wird als offensichtlich unbegründet verworfen.
- Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere als Berufungsgericht zuständige kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Diez verurteilte den Angeklagten am 6. Januar 2021 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40 Euro, entzog ihm die Fahrerlaubnis, ordnete die Einziehung des Führerscheins an und verhängte eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von sechs Monaten. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 30. September 2021 unter Berücksichtigung einer Einzelstrafe für die verfahrensgegenständliche Tat von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte unter Einbeziehung der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Diez vom 23. Dezember 2020, Az. 2020 Js 75666/20, verhängten Strafe (Geldstrafe wegen Betruges von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro) zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt wird.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der am 30. September 2021 eingelegten und - nach Zustellung des schriftlichen Urteils am 12. Oktober 2021 - am 3. November 2021 begründeten Revision, mit der er im Wege der Sachrüge eine fehlerhafte Anordnung der Maßregel nach §§ 69, 69a StGB und einen möglichen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot geltend macht.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat mit Stellungnahme vom 6. Januar 2022 beantragt, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Maßregelanordnung mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung hierüber sowie über die Kosten der Revision an eine andere Berufungskammer des Landgerichts Koblenz zurückzuverweisen und die weitergehende Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel erzielt auf die Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es jedoch offensichtlich unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2.
Der Strafausspruch hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a. Soweit das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten angeführt hat:
"Darüber hinaus bezichtigte er die erstinstanzlich vernommene Tatzeugin ...[A] im Rahmen seiner heutigen Einlassung der falschen Verdächtigung und Falschaussage, indem er behauptete, diese habe ihn zu Unrecht belastet, da zu ihr kein gutes nachbarschaftliches Verhältnis bestehe."
liegt hierin eine unzulässige Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens. Einem Angeklagten darf es nicht zum Nachteil gereichen, dass er die Tat bestreitet. Er darf im Rahmen seiner Verteidigung auch einen Belastungszeugen als unglaubwürdig hinstellen, ohne für den Fall des Misserfolgs schon deshalb eine schärfere Bestrafung befürchten zu müssen. Erst dann, wenn das Verteidigungsverhalten auf eine Rechtsfeindschaft, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche hinweist oder andere mit der Tat zusammenhängende ungünstige Schlüsse auf die Persönlichkeit des Angeklagten zulässt, kann dies strafschärfend berücksichtigt werden. Inwieweit hierbei Angriffe auf die Ehre eines Zeugen erlaubt sind, beurteilt sich nach § 193 StGB, der Verleumdungen insoweit rechtfertigt, als sie - wie etwa der Vorwurf der uneidlichen falschen Aussage oder des Meineids - inhaltlich zugleich das Leugnen belastender Tatsachen bedeuten (RG, Urteil vom 12. Oktober 1914 - I 590/14 -, RGSt 48, 414, 415; Urteil vom 7. Dezember 1923 - I 922/23 -, RGSt 58, 39; BGH, Urteil vom 3. August 1994 - 2 StR 161/94 -, NStZ 1995, 78; OLG Koblenz, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - 1 Ss 291/94; Urteil vom 24. Januar 2005 - 2 Ss 336/04 Rn. 11, juris; Urteil vom 19. Dezember 2007 - 1 Ss 339/07 Rn. 30, juris). Diese Grenze des erlaubten Verteidigungsverhaltens hat der Angeklagte nach den Ausführungen im angegriffenen Urteil nicht überschritten. Dies hat das Landgericht bei der Strafzumessung rechtsfehlerhaft verkannt.
b. Ebenso begegnen die Ausführungen zur Maßregelanordnung durchgreifenden Bedenken. Die Revision rügt insoweit zutreffend, dass die Urteilsgründe sich nicht zum subjektiven Element des Regelfalls nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB verhalten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme ausgeführt:
"Gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB greift die für eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfah...