Leitsatz (amtlich)

Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens sind nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn sich der sachkundige Gegner für seinen Prozessvortrag sachverständiger Hilfe bedienen musste und schwierige bodenphysikalische Fragen zu beantworten sind, die eine fundierte fachliche Gegendarstellung erfordern.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 17.02.2003; Aktenzeichen 4 O 430/95)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 17.2.2003 dahin erweitert, dass zugunsten der Beklagten ggü. der Klägerin ein weiterer Kostenerstattungsbetrag von 7.738,52 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 20.8.2002 festgesetzt wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Beschwerdewert beträgt 7.738,52 Euro (= 96,8 % von 7.994,34 Euro).

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Es führt zur zusätzlichen anteiligen Festsetzung der von der Beklagten geltend gemachten Sachverständigenkosten. Damit hat die Klägerin, ausgehend von der auf sie entfallenden Kostentragungsquote von 96,8 %, für einen weiteren Betrag von 7.738,52 Euro aufzukommen.

Die streitigen Kosten betreffen die Vergütung der B. Beratende Ingenieure GmbH, die die Beklagte während des Rechtsstreits als Privatgutachter herangezogen hat. Nach der st. Rspr. des Senats sind die Aufwendungen einer Partei für einen innerprozessual eingeschalteten privaten Sachverständigen erstattungsfähig, wenn dessen Tätigkeit in unmittelbarer Beziehung zu der gerichtlichen Auseinandersetzung gestanden hat und bei objektiver Betrachtung aus der Situation der Partei heraus zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich war. Dabei ist freilich ein strenger Maßstab anzulegen. Denn das Gebot sparsamer Prozessführung verlangt, dass die Partei Kosten für die Bemühung Dritter so niedrig wie möglich hält und darauf bedacht ist, den Sachverhalt vorrangig im Wege des gerichtlichen Beweisverfahrens klären zu lassen. Insofern bedarf es immer besonderer Gründe, wenn der in die Prozesskosten verurteilte Gegner zu Zahlungen für Hilfen in Anspruch genommen werden soll, deren sich eine Partei in ihrem Interesse bedient hat. Solche Gründe liegen hier indessen vor.

Der Rechtsstreit war komplex gestaltet. Er warf schwierige bodenphysikalische Probleme auf. Ausgangspunkt war die Lieferung von Materialien, die die Klägerin gewonnen und aufbereitet hatte und deren Qualität in Frage stand. In diesem Zusammenhang verwies die Klägerin von vornherein auf den Sachverstand eines chemisch-technischen Laboratoriums, das ihr im Verlauf des Prozesses sogar als Streithelfer zur Seite trat. Darüber hinaus griff sie später auch auf den Beistand eines Erdbaulabors zurück. Im Hinblick darauf war es der Beklagten nicht zumutbar, sich ohne qualifizierte Hilfe zu verteidigen. Um dem Klageangriff wirkungsvoll zu begegnen, war sie auf den Beistand eines Privatgutachters angewiesen.

Dazu hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass sie andernfalls außer Stande gewesen wäre, die Schriftsätze der Klägerin auf Stimmigkeit zu prüfen und eine fundierte fachliche Gegendarstellung zu formulieren. Dazu hätten ihr Mitarbeiter mit der notwendigen Ingenieurausbildung gefehlt. So sei sie auch von sich aus nicht in der Lage gewesen, die im Zuge des Rechtsstreits erstellten Sachverständigengutachten fachlich zu analysieren und ihrer Darlegungslast zu genügen.

Nach alledem erweist sich das Rechtsmittel als begründet. Gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten sind keine Einwendungen erhoben worden. Dass sie vom Stundensatz her den Rahmen des ZSEG überschreiten, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1996, 90).

Der Kostenausspruch beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Dr. Menzel

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107909

BauR 2004, 539

MDR 2003, 1142

BrBp 2004, 259

GuT 2003, 191

GuG 2004, 316

OLGR-KSZ 2003, 367

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