Leitsatz (amtlich)

Die Staatskasse kann nach § 127 Abs. 3 ZPO eine Beschwerde gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur darauf stützen, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Zu einer weiter gehenden Überprüfung richterlicher Prozesskostenhilfebewilligungen ist sie nicht befugt, weshalb sie ein Rechtsmittel nicht darauf stützen kann, Prozesskostenhilfe sei aus anderen Gründen fehlerhaft bewilligt worden.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Idar-Oberstein (Beschluss vom 07.12.2005; Aktenzeichen 8 F 117/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des AG - FamG - Idar-Oberstein vom 7.12.2005 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

Im Verhandlungstermin über die Ehescheidung haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem sie ihr Vermögen auseinandergesetzt und den Zugewinnausgleich sowie Ehegatten- und Kindesunterhalt geregelt haben. Zuvor hatte das FamG die beiden Parteien bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf die Verhandlungen über diese nicht rechtshängigen Ansprüche und den Vergleich erstreckt. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Bezirksrevisor, die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die Verhandlungen über die nicht rechtshängigen Gegenstände aufzuheben.

Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist nicht statthaft.

Das Beschwerderecht der Staatskasse ist nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO auf den Fall beschränkt, dass Prozesskostenhilfe bewilligt und weder Ratenzahlungen aus dem Einkommen noch Zahlungen aus dem Vermögen angeordnet worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Nach diesem eindeutigen Gesetzeswortlaut, den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absichten des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll die Beschwerde der Staatskasse nur dazu dienen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Nur in diesem beschränkten Umfang sieht das Beschwerderecht der Staatskasse eine Kontrolle der Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren vor, in denen Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist (BT-Drucks. 10/6400, 48; BGH v. 8.10.1992 - VII ZB 3/92, MDR 1993, 80 = NJW 1993, 135; KG, FamRZ 2000, 838; OLG Oldenburg, FamRZ 1996, 1428; OLG Hamm v. 14.8.1992 - 7 WF 274/92, FamRZ 1992, 1451). Aus dieser dem Vertreter der Staatskasse nur eingeschränkt zugestandenen Prüfungskompetenz folgt zugleich, dass er zu einer weiter gehenden Überprüfung richterlicher Prozesskostenhilfebewilligungen nicht befugt ist und demgemäß ein Rechtsmittel nicht darauf stützen kann, Prozesskostenhilfe sei aus anderen Gründen fehlerhaft bewilligt worden (KG, a.a.O.).

Das gilt auch für das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsmittel der außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit, soweit man dieses nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz überhaupt noch für zulässig erachtet (dagegen z.B. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rz. 16a; Musielak in MK-ZPO, 4. Aufl., § 127 Rz. 21; nach früherem Recht auch schon OLG Hamm, a.a.O.). Denn wollte man der Staatskasse in solchen Fällen eine Beschwerdebefugnis zubilligen, liefe dies auf eine allgemeine Kontrollbefugnis hinaus, die der angeführten klaren Beschränkung der Prüfungskompetenzen des Vertreters der Staatskasse zuwiderlaufen würde (BGH und KG, jeweils a.a.O.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1772219

FamRZ 2007, 1995

NJOZ 2007, 4654

OLGR-West 2007, 765

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