Leitsatz (amtlich)
1.
Anders als bei der Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet allein der Umstand, daß der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, nicht bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; die Rechtsprechung verlangt deshalb in diesen Fällen regelmäßig eine nähere Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung.
2.
Ein Erfahrungssatz, dass jeder Täter, der Betäubungsmittel in einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalb zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifel auch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht in einer Feststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht.
3.
Die Benutzung eines PKW als Fortbewegungsmittel bei Gelegenheit der Begehung einer Straftat rechtfertigt nicht dessen Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB.
4.
Ein Handy kann nicht allein deshalb nach § 74 Abs. 1 StGB eingezogen werden, weil ein Handybesitzer jederzeit, also auch bei der Abwicklung eines Drogengeschäfts, leicht erreichbar ist.
Tenor
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Trier vom 20. November 2002 mit den Feststellungen aufgehoben
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten auf Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 4. Dezember 2001 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 6 Monaten verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, dass ihm vor Ablauf von 8 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Außerdem wurde die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, eines Handys der Marke Bosch und eines PKW BMW angeordnet.
Die vom Angeklagten gegen das Urteil eingelegte, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat zum Maßregelausspruch und teilweise zur Einziehungsanordnung Erfolg. Im übrigen ist sie entsprechend der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 28. Februar 2003 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis hat keinen Bestand. Das Landgericht hat die Annahme, der Angeklagte sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, allein damit begründet, dass er "die Fahrerlaubnis missbraucht hat, indem er Betäubungsmittel mit seinem PKW transportiert hat".
Diese Erwägung trägt die Entscheidung nicht (vgl. Beschlüsse des 4. Strafsenats des BGH v. 5. 11. 02 - 4 StR 406/02 (NStZ-RR 03, 74;3. 12. 02 - 4 StR 458/02;17. 12. 02 - 4 StR 480/02 und9. 1. 03 - 4 StR 488/02; alle unter www. hrr-strafrecht. de ). Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass § 69 Abs. 1 StGB nicht nur bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen anwendbar ist, sofern sie im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen werden und sich daraus die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt.
Anders als bei Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet jedoch allein der Umstand, dass der Täter ein Kraftfahrzeug zur/bei Begehung einer Straftat benutzt hat, nicht bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Deshalb bedarf es in diesen Fällen einer näheren Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6 und 7 m. w. N. ). An einer solchen fehlt es hier. Darüber hinaus ergeben die Urteilsfeststellungen den nach § 69 StGB erforderlichen - verkehrsspezifischen - Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Straftaten und dem Führen eines Kraftfahrzeugs nicht. Zwar waren die Verbrechenstatbestände der §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfüllt, jedoch handelte es sich bei der transportierten Menge um insgesamt ca. 230 g Heroin. Schon deshalb hatte die Benutzung des Fahrzeugs für die dem Angeklagten angelastete Straftat nur eine völlig untergeordnete Bedeutung (BGH, Beschl. v. 3. 12. 02 a. a. O. ). Ein Erfahrungssatz, dass jeder Täter, der wie der Angeklagte Betäubungsmittel in einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalb zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifel auch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht einer Feststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht (BGH, Beschl. v. 5. 11. 02 a. a. O. ). Nach den Urteilsfeststellungen ist der Angeklagte kein Betäubungsmittelkonsument und kann folglich bei den Fahrten nicht unter Drogeneinwir...