Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 22.11.2021; Aktenzeichen 2020 Js 47764/20)

 

Tenor

  1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 22. November 2021 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Diez hat den Angeklagten wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50,- EUR verurteilt und einen sichergestellten Revolver eingezogen.

Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Koblenz die Berufung mit der Maßgabe verworfen, dass der Tenor dahingehend "klarstellend"neu gefasst wird, dass "der Angeklagte

wegen eines vorsätzlichen Vergehens gegen das Waffengesetz in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt"und der sichergestellte Revolver eingezogen wurde. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Das Rechtsmittel hat auf Grund der erhobenen Sachrüge - zumindest vorläufigen - Erfolg. Das Urteil hält einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen.

"In der Nacht vom 14.06.2020 auf den 15.06.2020 kam es zu einem Polizeieinsatz an der Wohnanschrift des Angeklagten in der ...[Y]straße .. in ...[Z]. Damals lebte auch seine Ehefrau, die zwischenzeitlich von ihm getrennt lebt, unter dieser Anschrift, indes in getrennten Räumen. Hintergrund des Polizeieinsatzes war eine Auseinandersetzung des erheblich alkoholisierten Angeklagten mit seiner Frau. Ein Atemalkoholtest um 00.34 Uhr am 15.06.2020 ergab einen Wert von 1,51 Promille.

Anlässlich der anschließenden polizeilichen Maßnahme, bei der der Angeklagte nicht zugegen war, da er sich aufgrund des Streits mit seiner Ehefrau zu seiner Schwester begeben hatte, wurde festgestellt, dass er berechtigt über Waffen, Munition und Sprengstoff verfügte.

Dabei wurde in den Folgetagen durch die Polizei jedoch festgestellt, dass der Angeklagte über einen Revolver "Lefaucheux"verfügte, obschon ihm die hierfür erforderliche Erlaubnis fehlte. Dieser Revolver war nicht auf seiner Waffenbesitzkarte eingetragen. Indes wäre er eintragungsfähig gewesen. Der Angeklagte hatte diesen Revolver, was ihm nicht zu widerlegen war, erst am 13.06.2020 in der Wohnung seiner dementen Mutter aufgefunden. Bei der Waffe dürfte es sich um ein Erbstück nach seinem bereits vor langem verstorbenen Vater handeln.

Weiter besaß der Angeklagte zur Tatzeit 1.150 Gramm Schwarzpulver, obschon er lediglich eine Sprengstofferlaubnis für den Besitz von 1.000 Gramm hatte. Dies war dem Angeklagten bekannt. Das Schwarzpulver verwahrte der Angeklagte in einem ein Kilogramm schweren noch verschlossenen Behältnis sowie in einem weiteren Behältnis, dessen Restinhalt 150 Gramm betrug.

Zudem befand sich ungesichert auf dem Waffenschrank des Angeklagten ein Päckchen mit 50 Patronen Kaliber 9 mm. Durch die Art der Verwahrung kam der Angeklagte hinsichtlich der Munition der ihm bekannten Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung nicht nach. Die scharfe Munition hätte in dem vorhandenen Waffenschrank gelagert werden müssen.

Der Angeklagte handelte in Kenntnis aller Umstände."

Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen keines der abgeurteilten Vergehen nach dem Waffengesetz bzw. dem Sprengstoffgesetz.

1. Tatkomplex "Revolver Lefaucheux"

Die Feststellungen zum Tatgeschehen, wie sie sich aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils ergeben, erlauben eine Verurteilung des Angeklagten gem. § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG wegen unerlaubten Waffenbesitzes an dem Revolver nicht.

Denn nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen konnte der Angeklagte (zunächst) ein Besitzrecht aus § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WaffG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (jetzt § 37c WaffG) herleiten. Danach hat derjenige, der Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, beim Tode eines Waffenbesitzers, als Finder oder in ähnlicher Weise in Besitz nimmt - wie dies hier nach der für unwiderlegbar erachteten Einlassung des Angeklagten der Fall war -, dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Diese Vorschrift räumt implizit ein vorläufiges Besitzrecht ein bzw. suspendiert vorübergehend die Erlaubnispflicht (Gade/Gade, 2. Aufl. 2018, WaffG, § 37 Rn. 15a; König/Papsthart, WaffG, 2. Auflage 2012, § 37 Rn. 1; vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 OLG 2 Ss 25/17 -, juris).

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