Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtskraft von PKH-Entscheidungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Neubescheidung eines erneut gestellten Prozesskostenhilfe-Antrages nach bestandskräftiger Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung

 

Normenkette

ZPO § 124 Nrn. 2, 4

 

Verfahrensgang

AG Andernach (Beschluss vom 16.05.2006; Aktenzeichen 7 F 298/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Andernach vom 16.5.2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung über das neue Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin vom 17.8.2005 an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg.

Mit Beschluss vom 19.5.2005 hatte das AG die ursprüngliche Prozesskostenhilfebewilligung ohne Zahlungsbestimmung vom 17.6.2002 (i.d.F. des Beschl. v. 19.6.2002; Bl. 18-21 GA) gem. § 124 Nr. 2 zweite Alternative i.V.m. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aufgehoben; die sofortige Beschwerde hat der Senat als unzulässig verworfen (Beschl. v. 15.8.2005 - 11 WF 677/05 - Bl. 32 f. PKH-Heft). Zu Unrecht sieht sich das AG im Blick auf die Bestandskraft des Aufhebungsbeschlusses an einer Bescheidung des bereits am 17.8.2005 (Bl. 38 PKH-Heft; s. auch die aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.5.2006 - Bl. 40 ff. - PKH-Heft -) erneut gestellten PKH-Gesuchs der Antragstellerin gehindert.

Ablehnende Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe erwachsen nicht in materielle Rechtskraft (BGH NJW 2004,1805 f.); dies gilt auch für Aufhebungsbeschlüsse nach § 124 ZPO. Zwar kann es einem erneuten Gesuch am Rechtsschutzbedürfnis mangeln, wenn der nämliche Lebenssachverhalt unverändert zur Entscheidung gestellt wird (BGH NJW 2004, 1805 [1807]). Beim Entzug der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO darf eine Neubescheidung - unter Beachtung der Reichweite der insofern geregelten Sanktion - allerdings dann nicht abgelehnt werden, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei verschlechtert haben und kein greifbarer Anhalt für eine erneute Missachtung der richterlichen Zahlungsanordnung spricht; eine Neubewilligung kommt hier ab dem Tag der erneuten Antragstellung in Betracht (vgl. BGH FamRZ 2005, 2063 unter Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung in obergerichtlicher Rechtsprechung und Schrifttum). Bei der hier vorliegenden Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 2 zweite Alternative ZPO erfasst der Sanktionszweck nicht die Verzögerung, sondern allein das völlige Ausbleiben der gem. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO geforderten Erklärung (Beschl. v. 1.7.2004 - 11 WF 389/04). Folgerichtig kann der Partei sodann auch noch nach der Zurückweisung der Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss erneut Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn sie die Erklärung nachholt und das Verfahren in der Hauptsache noch anhängig ist (OLG Koblenz, Beschl. v. 19.3.1999 - 1 W 167/99, OLGReport Koblenz 1999, 411 f. = MDR 1999, 887; Zöller/Philippi, 25. Aufl. 2005, § 124 Rz. 10a; s. auch Wax in MünchKomm/ZPO, 1. Aufl. 2000, § 124 Rz. 11); eine Rückwirkung kann jedoch frühestens auf den Tag der erneuten Antragstellung angenommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1673757

MDR 2007, 677

OLGR-West 2007, 108

www.judicialis.de 2006

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