Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit des Vollbeweises für Eigenbrandstiftung

 

Normenkette

VVG § 61; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 16 O 544/06)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 12.1.2009.

 

Gründe

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.

Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Felder. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Das LG hat der Klage zu Recht und mit zutreffender und umfassender Begründung stattgegeben. Dem Kläger stehen aufgrund der mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsverträge über die Hausrat- und Gebäudeversicherung die geltend gemachten Versicherungsleistungen zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann aufgrund der von ihr aufgezeigten Umstände nicht die Feststellung getroffen werden, dass der Kläger sein Anwesen selbst angezündet hat, so dass sie gem. § 61 WG a.F. leistungsfrei wäre. Auch eine Obliegenheitsverletzung des Klägers, die zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten führen könnte, ist in Übereinstimmung mit dem LG nicht zu erkennen. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren die Frage einer vorsätzlichen Brandstiftung hinreichend geklärt und festgestellt wurde, da der Kläger die Behauptung der Beklagten, der Brand seines Anwesens sei durch vorsätzliche Brandstiftung verursacht worden, nicht bestritten hat. Als Indizien dafür, dass der Kläger nach ihrer Auffassung sein Anwesen selbst angezündet habe, benennt die Beklagte zum einen den Umstand, dass eine der Außentüren nicht abgeschlossen war, zu welcher allein der Kläger einen Schlüssel hatte, zum anderen beruft sie sich auf seine finanziell angespannte Lage. Hinsichtlich des letzteren Umstandes hat das LG ausführlich dargelegt, dass die finanzielle Lage im Zeitpunkt des Brandes zwar kompliziert gewesen sein mag, aber nicht in dem Maße angespannt war, wie die Beklagte dies geltend machen möchte. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass das Konto des Klägers zum 28.3.2006 mit 64.953,63 EUR im Soll war, betrifft dies einen Zeitpunkt mehrere Monate nach dem Brand und ist damit nicht geeignet, das angenommene Motiv für eine Eigenbrandstiftung zu belegen. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass Forderungen von 1.700 EUR und 1.400 EUR nicht hätten befriedigt werden können sowie dass ein Scheck i.H.v. 340,76 EUR zurückgegeben worden sei, so sind dies keine Beträge, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen können, dass ein Eigentümer sein unterversichertes Haus selbst angezündet haben könnte, um die - verglichen mit dessen Wert zu geringe - Versicherungssumme zu erlangen. Dass die wirtschaftliche Situation des Klägers im Zeitpunkt des Brandes "desolat" war, wie die Beklagte darlegen möchte, erschließt sich aufgrund der von ihr vorgetragenen Zahlen nicht.

Dem Umstand, dass eine Außentür des Gebäudes nach dem Brand unverschlossen vorgefunden wurde, mag zwar im Rahmen einer Indizienkette, in der mehrere Umstände auf eine Eigenbrandstiftung hinweisen, durchaus eine Indizwirkung von einigem Gewicht zukommen. Für sich allein genommen ist er jedoch nicht geeignet, eine Eigenbrandstiftung durch den Kläger nachzuweisen.

Soweit die Beklagte sich dagegen wendet, dass das LG eine Täterschaft des Klägers im Hinblick darauf, dass er am 19.11.2005 gegen 22.30 in K. war und am 20.11.2005 dort um 9 Uhr telefonisch angetroffen werden konnte, verneint hat, weil der zeitliche Rahmen zu eng war, und geltend macht, eine Begehung sei in dem zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen möglich gewesen, berücksichtigt sie nicht, dass sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht der geringste Anhaltspunkt dafür ergeben hat, dass der Kläger in der Brandnacht die Strecke von mehreren hundert Kilometer zwischen K. und M. zweimal zurückgelegt hat. Auch die Beklagte zeigt entsprechende Anhaltspunkte nicht auf. Der Umstand, dass dies vielleicht zeitlich möglich gewesen sein mag - wenngleich auch der Senat hier die Zweifel des LG teilt - ist kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger diese Fahrt auch tatsächlich unternommen hat. Noch weniger stellt die hier angesprochene zeitliche Möglichkeit, in der Brandnacht zum Brandort und wieder zurück zu gelangen, ein Indiz für die von der Beklagten angenommene Eigenbrandstiftung dar.

Der...

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