Leitsatz (amtlich)
Erlangt im Zwangsversteigerungsverfahren der Ersteher eines Grundstücks dadurch einen Vermögensvorteil, daß er ins geringste Gebot fallende und nicht mehr in voller Höhe valutierende Grundschulden ablöst und in vollem Umfange vom Grundpfandgläubiger eine Löschungsbewilligung erhält und deshalb der bisherige Eigentümer und Schuldner seinen aus dem Sicherungsvertrag bestehenden Anspruch auf Rückgewähr des nicht mehr valutierenden Teils der Grundschuld verlustig geht, so ist der Ersteher des Grundstücks als Nichtberechtigter im Sinne von § 816 Abs. 2 BGB verpflichtet, das zuviel Erlangte, d. h. Differenzbetrag zwischen Zuschlagswert und Zahlungsbetrag, an den bisherigen Eigentümer (Schuldner) zurückzugewähren. Der Eigentümer ist nicht auf etwaige Sekundäransprüche gegenüber dem Grundpfandgläubiger beschränkt (in Anknüpfung an BGH Urteil vom 17. Mai 1988 – IX ZR 5/87 – WM 1988, 1137; Urteil vom 11.10.1974 – V ZR 231/73 – NJW 1974, 2279; Urteil vom 9.2.1989 – IX ZR 145/87 – NJW 1989, 1349).
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1, § 816 Abs. 2; ZVG § 90
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 266/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 5. November 1998 wie folgt abgeändert:
Das Landgericht wird angewiesen, dem Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aus den im angegriffenen Beschluss ausgeführten Gründen zu versagen.
Gründe
I.
Der Antragsteller war gemeinsam mit seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau Eigentümer eines im Grundbuch von B Bl. 498 eingetragenen Grundstücks. Das Grundstück ist gemäß Beschluss des Amtsgerichts A vom 16. Mai 1997 (K) zwangsversteigert worden.
Der Antragsgegner erhielt zu einem Bargebot von 12.251 DM den Zuschlag. In Abt. III des Grundbuchs waren Grundschulden zugunsten der Sparkasse O und der L B in einer Gesamthöhe von 159.200 DM eingetragen. Die in Abt. III des Grundbuchs eingetragenen Grundschulden fielen in das geringste Gebot. Der Zuschlagswert betrug demnach insgesamt 171.551 DM. Der Antragsgegner erbrachte an die Grundschuldgläubiger Zahlungen in Höhe von 90.565,45 DM (84.734 DM Sparkasse O; 5.831,45 DM L Bausparkasse) und an den Antragsteller bzw. dessen frühere Ehefrau 12.474,02 DM. Demnach hat der Antragsgegner beim Zuschlagswert von 171.551 DM Zahlungen in Höhe von 103.012,47 DM geleistet. Auf den verbleibenden Restbetrag von 68.538,53 DM hat er eine weitere Zahlung von 34.660,35 DM an den Antragsteller bzw. dessen Ehefrau geleistet. Der Antragsteller begehrt nunmehr, den Antragsgegner zu verurteilen, den verbleibenden Differenzbetrag von 33.878,18 DM teils in Höhe von 20.085,95 DM nebst Zinsen beim Amtsgericht in A zu hinterlegen, teils einen Betrag von 13.792,33 DM an das Finanzamt D zu zahlen. Das Finanzamt D hat mit Verfügung vom 15.5.1998 den Anspruch der früheren Eheleute N auf Kaufpreiszahlung betreffend den versteigerten Grundbesitz gepfändet (GA 13).
Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf den angegriffenen Beschluss des Landgerichts (GA 34-37).
Das Landgericht teilt die Auffassung des Antragstellers, dass der Antragsgegner dadurch, dass die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden gelöscht wurden und diese vorher in einem weitaus geringeren Teil valutierten als aus dem Grundbuch ersichtlich, einen Vermögensvorteil in Höhe von 33.378,18 DM erlangt habe, der ihm an sich nicht zustehe. Die Kammer hat gleichwohl einen Anspruch aus § 812 BGB (Leistungskondiktion) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. Mai 1988 – IX ZR 5/87 – WM 1988, 1137 ff) abgelehnt, weil dieser Vermögensvorteil durch Leistung der Grundschuldgläubiger und nicht durch Leistung des Antragstellers erfolgt sei. Der Antragsteller und seine Ehefrau hätten zwar aus den Sicherungsverträgen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückabtretung des nicht mehr valutierten Teils der Grundschulden gehabt. Mit der Erteilung der Löschungsbewilligung und Löschung der Grundschulden im Grundbuch sei der gegen die bisherigen Gläubiger gerichtete Rückgewähranspruch untergegangen. Mit der Befreiung der Grundschulden insgesamt, ohne vorherige teilweise Rückabtretung bezüglich des nicht valutierten Teils der Grundschulden, habe der Antragsgegner zwar einen Vermögensvorteil erlangt, der jedoch nicht durch die Leistungen des Antragstellers bzw. seiner Ehefrau bewirkt worden sei.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die landgerichtlichen Ausführungen halten den Angriffen der Beschwerde nicht stand.
Dem Landgericht kann darin zugestimmt werden, dass ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Leistungskondiktion) gegen den Antragsgegner nicht besteht, weil der erlangte Vermögensvorteil, Befreiung von Verbindlichkeiten der Grundschulden insgesamt, nicht durch Leistung des Antragstellers, sondern durch Leistung...