Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensverbindung bei Verfahren gegen juristische Person und deren Vertretungsorgan
Leitsatz (redaktionell)
Bei Verbindung zweier Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen eine juristische Person und deren Geschäftsführer kann eine Geldbuße nur gegen den Letztgenannten als vertretungsberechtiges Organ (§ 30 Abs. 1 OWiG) verhängt werden, da mit der Verfahrensverbindung das gegen die juristische Person eingeleitete Verfahren zusammenbricht; es ist deshalb wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses einzustellen.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 30.01.2009) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 30. Januar 2009 wird bezüglich Ziffern 2. sowie 5. bis 49. aufgehoben. Das Verfahren wird insoweit eingestellt.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und den insoweit notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt die Betroffene 2 % und die Staatskasse 98 %.
Gründe
I. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion ... in K... erließ am 31. Januar 2007 gegen die Betroffene wegen 70 Verstößen gegen das Fahrpersonalgesetz (Tageslenkzeitüberschreitung, Tagesruhezeitüberschreitung, Lenkzeitüberschreitung, Lenkzeitunterbrechung, Doppelwochenlenkzeitüberschreitung, Nichtaufbewahren von Unterlagen) in der Zeit ab dem 29. März 2006 einen Bußgeldbescheid über insgesamt 35.856 €. Wegen der gleichen Verstöße erließ die Struktur- und Genehmigungsdirektion ... in K... am 31. Januar 2007 einen weiteren Bußgeldbescheid gegen den Geschäftsführer der Betroffenen über insgesamt 3.984 €. Gegen beide Bußgeldbescheide wurde wirksam Einspruch eingelegt.
Mit Beschluss vom 23. April 2008 hat das Amtsgericht Koblenz beide Verfahren zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Geschäftsführer der Betroffenen hat seinen Einspruch gegen den gegen ihn gerichteten Bußgeldbescheid am 12. September 2008 zurückgenommen.
Das Amtsgericht Koblenz hat die Betroffene am 30. Januar 2005 wegen 49 Verstößen gegen das Fahrpersonalgesetz verurteilt und Einzelgeldbußen in Höhe von insgesamt 31.465 € festgesetzt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, die sie innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist wirksam auf die Verurteilung durch das Amtsgericht Koblenz in den Ziffern 2. sowie 5. bis 49. beschränkt hat. Sie wendet in erster Linie ein, dass das Verfahren insoweit wegen des Vorliegens eines Verfahrenshindernisses eingestellt werden müsse. Im Übrigen erhebt sie die Sachrüge.
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zulässig und führt zur Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a Abs. 1 StPO. Es fehlt bezüglich des angefochtenen Teils des Urteils des Amtsgerichts an einer Verfahrensvoraussetzung, die auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch erfüllt sein muss (vgl. hierzu BGHSt 21, 55).
Im vorliegenden Verfahren hätte gegen die Betroffene wegen der gleichen Taten, die ihrem Geschäftsführer vorgeworfen wurden, kein selbständiges Verfahren eingeleitet werden dürfen. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Satz 1 OWiG lagen nicht vor (Göhler, OWiG, 15 .Aufl. zu § 30 Rdn 28, 31).
Der Mangel des unzulässigen selbständigen Bußgeldbescheides gegen die Betroffene ist hier nachträglich durch das Amtsgericht behoben worden, weil es das Verfahren gegen die Betroffene und deren Geschäftsführer durch Beschluss vom 23. April 2008 verbunden hat (OLG Jena, Beschluss vom 1.12.2006, 1 Ss 199/06, zitiert nach Juris).
In dem verbundenen Verfahren hätte die Geldbuße nur gegen den Geschäftsführer der Betroffenen als vertretungsberechtigtes Organ gemäß § 30 Abs. 1 OWiG verhängt werden können. Mit der Verbindung der Verfahren bricht das Verfahren gegen die juristische Person oder die Personenvereinigung in sich zusammen und ist wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen (Göhler, aaO., Rdn 32, 33 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; KK-Rogall, 3. Aufl. 2006, § 30 OWiG Rdn 160 und 161 m. w. Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).
Soweit das Amtsgericht sich in seiner Entscheidung auf den Beschluss des BGH vom 8.5.1990 (KRB 2/90, zitiert nach Juris) beruft, ist anzuführen, dass diese Entscheidung zu einer anderen Rechtslage ergangen ist. Die Verbandsgeldbuße ist nach Änderung des § 30 OWiG durch das 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 (BGBl. I 721) als selbständige Sanktion anzusehen. Deren frühere materielle Einstufung "als Nebenfolge" der Handlung eines Organs ist durch den Gesetzgeber aufgegeben worden (Göhler, aaO. vor § 29 a Rdn 14 m. w. Hinweisen).
Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass nach Durchführung eines Verfahrens gegen die juristische Person oder eine Personenvereinigung noch ein Straf- oder Bußgeldverfahren gegen das Organ stattfindet (Göhler, aaO. zu § 30 Rdn 29). Dies gilt jedoch nicht für den umgekehrten Fall.
Da vorliegend der Bußgeldbescheid vom 31. Januar 2007 gegen den Geschäftsführer de...