Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung einer ausgleichspflichtigen Annullierung von einer nicht ausgleichspflichtigen Verspätung eines Fluges.
2. Erhalten die Passagiere nach einer unplanmäßigen Landung in Gerona (Spanien) zunächst die Auskunft, dass sie mit Bussen in das 750 km entfernte Anflugsziel nach Murcia (Spanien) transportiert werden und wird entgegen der Ankündigung der Flug doch mit einem Ersatzflugzeug und einer Ankunftsverzögerung am Zielort von 7 bis 8 Stunden fortgesetzt, liegt keine bloße Verspätung, sondern eine Annullierung des Fluges vor.
Normenkette
Verordnung Nr. 261/2004 Art. 7 Abs. 1 b) Fassung: 2004-02-11, Art. 5 Fassung: 2004-02-11; Verordnung Nr. 261/2004 rt. 6 Abs. 1 a) Fassung: 2004-02-11; Verordnung Nr. 261/2004 Art. 6 Abs. 1 b) Fassung: 2004-02-11, Abs. 1 c) Fassung: 2004-02-11, Art. 2 Abs. 1 Fassung: 2004-02-11, Art. 12 Abs. 1 S. 2 Fassung: 2004-02-11; BGB §§ 275, 283, 280 Abs. 3, §§ 281, 254
Gründe
Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 18. Dezember 2009. Es wird angeregt, zur Vermeidung weiterer Kosten die Berufung zurückzunehmen.
I.
Der Kläger buchte für sich und seine Lebensgefährtin bei der beklagten Fluggesellschaft einen Hin- und Rückflug von Frankfurt/Hahn nach Murcia/Spanien. Der Hinflug war für den 27.09.2007, 13.50 Uhr, die Ankunft am Zielflughafen für 16.30 Uhr geplant (GA 2). Die Maschine startete um 14.00 Uhr in Hahn. Aufgrund technischer Probleme musste das Flugzeug gegen 15.35 Uhr in Girona/Spanien unplanmäßig landen (GA 2). Die Passagiere verblieben bis 16:45 Uhr in der Maschine (GA 2). Die Passagiere verließen sodann das Flugzeug, um die Koffer in Empfang zu nehmen und auszuchecken. Es erfolgte eine Durchsage, wonach ab 18.00 Uhr Busse bereit stünden, um die Fluggäste zum Flughafen nach Murcia weiterzubefördern. Der Kläger und seine Lebensgefährtin nahmen sich am Flughafen in Girona einen Mietwagen und traten die Reise in das 750 km entfernte Murcia an, um noch einen Konzerttermin in Murcia um 22.00 Uhr wahrzunehmen (Anlage 5, GA 10), für den sie bereits Karten hatten. Sie trafen jedoch erst gegen Mitternacht in Murcia ein (GA 41 23.00 Uhr Alicante).
Der Kläger hat die Beklagte auf Ausgleichszahlungen nach der EU-VO 261/2004 sowie Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Parteien streiten darüber, ob eine Annullierung oder nur eine Verspätung des Fluges vorliegt.
Der Kläger hat vorgetragen, am Informationsschalter in Girona habe niemand sagen können, wie die Fluggäste nach einer 750 km langen Busfahrt zum Zielflughafen Murcia um 3.00 Uhr nachts zu ihren Bestimmungsorten hätten gelangen können. Deshalb habe er sich aufgrund der ungewissen Situation nach Rücksprache mit der Mietwagenfirma entschlossen, bereits den Mietwagen in Girona in Empfang zu nehmen und nach Murcia zu fahren.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.286,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2007 zu zahlen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, der streitgegenständliche Flug sei durchgeführt worden. Infolge der außerplanmäßigen Landung in Girona und des Weiterflugs der übrigen Passagiere mit einem Ersatzflugzeug liege keine Annullierung, sondern nur eine Verspätung des Fluges vor. Die Passagiere seien mit einem anderen Flugzeug nach Alicante und von dort aus mit dem Bus nach Murcia befördert worden. Der ursprünglich anzufliegende Flughafen Murcia habe aufgrund eines Nachtflugverbotes nicht angeflogen werden können. Die anderen Passagiere seien nach Alicante geflogen, wo sie um 22.35 Uhr (Movement Sheet, Flug 4468, B 1, GA 35) eingetroffen seien. Von dort aus seien die Passagiere mit Reisebussen in das ca. einstündig entfernte Murcia befördert worden. Der Kläger, der - unstreitig - den Flug von Girona nach Alicante nicht wahrgenommen habe, habe gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen. Der Flug sei pünktlich gestartet und die Passagiere seien nur mit einer Verspätung von 4,5 Stunden zu dem vereinbarten Zielort transportiert worden.
Das Landgericht hat der Klage entsprochen und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 1.28646 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.11.2007 zu zahlen. Es hat dem Kläger einen Ausgleichsanspruch und Schadensersatz zuerkannt, weil der eigentliche Flug abgebrochen und nicht durchgeführt worden sei. Das Flugzeug hätte spätestens um 17.00 Uhr in Murcia ankommen müssen, sei aber nach dem Vortrag der Beklagten frühestens gegen Mitternacht, d.h. mehr als 5 Stunden, später angekommen.
II.
Nach Artikel 7 Abs. 1 b) i.V.m...