Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeldbemessung bei fehlerhafter Implantatversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Zahnarzt eine falsche Bezugsebene für die Längenbestimmung gewählt und ein zu großes Implantat eingebracht, was zu 6 - tägigen starken Nervenschmerzen und hiernach zu einer dauerhaften Gefühlsbeeinträchtigung im Behandlungsbereich führt, ist ein Schmerzensgeld von 5.000 EUR angemessen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 276, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 23.08.2013; Aktenzeichen 9 O 170/11)

 

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Mainz vom 23.8.2013 - 9 O 170/11, einstimmig gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Hinweisen des Senates bis zum 16.12.2013 Stellung zu nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

 

Gründe

I. Der Kläger befand sich in zahnärztlicher Behandlung des Beklagten und beanstandet die fehlerhafte Behandlung bei der Setzung dreier Implantate und eine unzureichende Aufklärung. Hieraus leitet er Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz ab.

Das sachverständig beratene LG hat nach der Vernehmung einer Zeugin den Beklagten zum Ausgleich des materiellen Schadens von 383,47 EUR und eines immateriellen Schadensersatzes von 5.000 EUR verurteilt. Die Insertion des Implantates 3.7. am 17.8.2010 sei fehlerhaft erfolgt, weil der Beklagte eine falsche Bezugsebene für die Längenbestimmung gewählt habe und das Implantat so zu groß ausgefallen sei. Dies habe in der Folge zu einer Nervenschädigung geführt. Zwar habe durch das Zurückdrehen des Implantates eine Dekompression stattgefunden, noch immer sei es aber leicht in den Nervenkanal hinein projiziert. Ob ein Dauerschaden verbleibe, sei noch nicht sicher abzusehen. Ein Schmerzensgeld von 5.000 EUR sei angemessen, weil der Kläger vom 17.08. bis zum 23.8.2010 unter starken Nervenschmerzen und anschließend fortdauernd unter Gefühlsbeeinträchtigungen leiden musste. Nicht mehr korrigieren lasse sich auch der Umstand, dass das Implantat zu groß sei.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung und begehrt die Klageabweisung, soweit er zu einem 2.500 EUR übersteigenden Schmerzensgeld verurteilt wurde. Er hält die Höhe des Schmerzensgeldes für nicht angemessen und für nicht vertretbar. In der Rechtsprechung sei nur für viel schwerere Verletzungen ein Schmerzensgeld in dieser Höhe zuerkannt worden bzw. ein sehr viel niedrigeres Schmerzensgeld für die tatsächlich zu beklagenden Verletzungen.

Der Beklagte beantragt, unter teilweiser Änderung des Urteils des LG Mainz vom 23.8.2012 die Klage abzuweisen, soweit dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch zugesprochen wurde, der 2.500 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.7.2011 übersteigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die Berufungsbegründung verwiesen.

II. Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO erfordern keine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung, die auch nicht nach § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten ist. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Der Beklagte hat keine Gründe aufgezeigt, die eine mündliche Verhandlung ansonsten geboten erscheinen lassen.

Das LG hat den Beklagten ohne Fehler zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 5.000 EUR an den Kläger verurteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des LG Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:

1. Der Beklagte greift die Feststellungen des LG zu der fehlerhaften Behandlung ebenso wenig an, wie die Tatsachen, dass der Kläger vom 17.08. bis zum 23.8.2010 unter starken Nervenschmerzen und anschließend fortdauernd unter Gefühlsbeeinträchtigungen leiden musste und der weitere Verlauf ungewiss ist.

2. Ausgehend von diesem Sachverhalt ist es nicht zu beanstanden, dass das LG dem Kläger ein Schmerzensgeld von 5.000 EUR zuerkannt hat. Dem Gericht kommt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ein Ermessen zu, da es ein "angemessenes" Schmerzensgeld festzusetzen hat. Der Ermessensspielraum ist auch im Berufungsverfahren zu respektieren. Ziel des Berufungsverfahrens ist es, Fehler des erstinstanzlichen Gerichtes zu korrigieren, nicht aber, sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Erstgerichts zu setzen. Es entspricht deshalb ständiger Rechtsprechung des Senates, dass eine Korrektur des zuerkannten immateriellen Schadensersatzes nur dann in Betracht kommt, wenn ein "Fehlgriff in der Oktave" vorliegt. Das ist indes nicht der Fall. Die, wenn auch nur kurzzeitige, Intensität der Schmerzen sowie die Dauer der - wenn auch geringfügigeren - Beeinträchtigungen durch Gefühlsstörungen bei fortbestehender Ungewissheit über deren Ende begründen die Angem...

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