Leitsatz (amtlich)
Der Honoraranspruch steht dem Sachverständigen auch dann zu, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Demzufolge sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung. Ein Entschädigungsanspruch ist ausnahmsweise nur dann zu verneinen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige darüber hinaus die Unverwertbarkeit verschuldet hat.
Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 20.12.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Sachverständigen X. wird der Beschluss der 1. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 20. Dezember 2010 aufgehoben.
Die Vergütung der Sachverständigen wird auf 31.922,86 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Verurteilte wurde in vorliegender Sache durch Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 20. Juni 2007 in Verbindung mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. April 2008 und dem Urteil der 1. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 17. November 2008 wegen Geiselnahme, Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen, Freiheitsberaubung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und Körperverletzung sowie wegen Körperverletzung in sechs Fällen rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet. Schon während des Ermittlungsverfahrens beauftragte die Staatsanwaltschaft Trier am 21. Februar 2006 die Diplom-Psychologin X. in Z. mit der Erstellung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens zu den Angaben der Geschädigten K. (Bl. 334 d. A.). Das schriftliche Gutachten wurde am 18. November 2006 zu den Akten gegeben (Bl. 930 d. A.). Die Sachverständige wurde zu den am 12. Februar 2007 beginnenden Hauptverhandlungsterminen vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Trier geladen (Bl. 976 d. A.), erstattete dort am 9. Mai 2007 ihr Gutachten und wurde im allseitigen Einvernehmen entlassen (Bl. 1209 d. A.). Obgleich die Sachverständige die Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten und Nebenklägerin K. bestätigte, verwertete die Strafkammer in ihrem Urteil vom 20. Juni 2007 das Gutachten bei der Bewertung der Aussage nicht, da sie insoweit die Einschätzung der Verteidigung teile, dass die Sachverständige im Rahmen der Exploration "in teilweise nicht mehr hinnehmbarer Weise mit Suggestivfragen gearbeitet" habe (Bl. 1392 d. A.). Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin legte sie dem Angeklagten auf.
Die nach Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof am 2. April 2008 zuständige 1. Strafkammer des Landgerichts Trier legte in ihrem abschließenden Urteil vom 17. November 2008 die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu 4/5 dem Angeklagten und zu 1/5 der Staatskasse auf, die in diesem Umfang auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hatte. Die durch die Beauftragung der Sachverständigen X. entstandenen Auslagen legte sie der Staatskasse auf. Zur Begründung stützte die Strafkammer sich auf eine analoge Anwendung von § 465 Abs. 2 StPO; es sei unbillig, mit den Kosten des nicht verwerteten Gutachtens den Angeklagten zu belasten (Bl. 1570 d. A.).
Gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde ein, mit der sie die Auferlegung der Kosten des Gutachtens der Sachverständigen X. auf die Staatskasse beanstandete (Bl. 1559, 1583 d. A.). Mit Beschluss vom 2. März 2009 (2 Ws 59/09) hob der erkennende Senat die Kostenentscheidung vom 17. November 2008 in dem angefochtenen Umfang auf, da das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer analogen Anwendbarkeit des § 465 Abs. 2 StPO ausgegangen war (Bl. 1592 d. A.).
Nach dem allgemein erteilten Hinweis des Senats, dass es der entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO nicht bedürfe, weil der Gesetzgeber gegen den Ansatz derartiger Kosten die Möglichkeit der Kostenerinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG geschaffen habe, legte der Verteidiger unter Bezugnahme hierauf gegen "die Gerichtskostenrechnung" insoweit Erinnerung ein, als darin auch die Gutachterkosten der Sachverständigen X. enthalten waren. Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft erklärte er, dass die Erinnerung sich gegen die mit Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 25. Juni 2009 übersandte Gerichtskostenrechnung (siehe Auflistung Bd. VI Bl. I - I c d. A., Bl. 1646 d. A.) richten solle (Bl. 1611, 1629 d. A.). In seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2010 hielt der Bezirksrevisor die Erinnerung für unbegründet, da die Nichtverwertung des Gutachtens nicht auf grobe Fahrlässigkeit der Sachverständigen zurückzuführen sei (Bl. 1649 d. A.). Gleichwohl änderte die 1. Strafkammer des Landgerichts Trier mit Beschluss vom 3. November 2010 auf die Erinnerung...