Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt (Abänderungen) Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Der Besuch einer Höheren Berufsfachschule dient nicht der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Mayen (Aktenzeichen 8 F 321/98) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Mayen vom 14. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger für den Beklagten – seinen inzwischen volljährigen Sohn aus erster Ehe – keinen Kindesunterhalt mehr schuldet, weil er insoweit leistungsunfähig ist. Zwar hat auch ein volljähriges Kind Anspruch auf Kindesunterhalt nach den §§ 1601 ff., 1610 Abs. 2 BGB, solange es sich nicht selbst unterhalten kann und insbesondere noch in einer Ausbildung befindet. Schuldet der unterhaltsverpflichtete Elternteil neben dem volljährigen Kind jedoch auch minderjährigen Kindern und der diese betreuenden Kindesmutter Unterhalt und reicht sein Einkommen nicht aus, um alle Unterhaltsansprüche zu decken, so tritt das volljährige Kind zurück und kann nur Unterhalt verlangen, wenn der Verpflichtete die vorrangigen Ansprüche erfüllt hat und unter Wahrung eines gegenüber Volljährigen bestehenden erhöhten Selbstbedarfs von 1.800,– DM noch (teilweise) leistungsfähig ist.
Etwas anderes, nämlich die Gleichrangigkeit mit minderjährigen Kindern, ergibt sich nach § 1603 Abs. 2 BGB in der zum 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Neufassung für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nur dann, wenn sie sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befinden und im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der Beklagte lebt zwar im Haushalt der Kindesmutter und besucht die Höhere Berufsfachschule Wirtschaft (Schule). Bei dieser Schule handelt es sich jedoch nicht um eine Schule, die der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB dient. Grundlage der in der Neufassung des § 1603 BGB vollzogenen Ausdehnung der erweiterten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern auf volljährige Kinder war die Überlegung, dass deren Lebensstellung ungeachtet der rechtlichen Beendigung der elterlichen Sorge der Situation minderjähriger Kinder vergleichbar ist und deshalb eine Gleichstellung im Rahmen der vorgenannten Vorschrift rechtfertigt (BT-Drucksache 13, 7338, Seite 21). Eine derart vergleichbare Situation, in der volljährige Kinder wie minderjährige Kinder nicht zur Deckung ihres Lebensbedarfs beitragen können, besteht nur, solange sie keinen allgemeinen Schulabschluss haben, der sie befähigt, eine Berufsausbildung zu machen oder eine Hochschule bzw. Fachhochschule zu besuchen. Ziel der allgemeinen Schulausbildung muss deshalb der Erwerb des Hauptschulabschlusses, des Realschulabschlusses oder der allgemeinen bzw. fachgebundenen Hochschulreife sein. Diese Voraussetzungen sind bei dem Besuch der Hauptschule, der Realschule, des Gymnasiums, der Gesamtschule und der Fachoberschule erfüllt, nicht aber bei Schulen, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermitteln, wie dies bei den Berufsfachschulen der Fall ist (Familienrechtsreformkommentar, 1998, Häußermann § 1603 BGB, Rdnr. 9).
Der Beklagte besucht eine solche (Höhere) Berufsfachschule. Er verfügt bereits über einen allgemeinen Schulabschluss, nämlich die mittlere Reife, die Zugangsvoraussetzung für die oben genannte Schule ist. Der von ihm gewählte höhere Bildungsgang für Betriebswirtschaft auf der Schule führt in zwei Jahren schon zu einer schulischen Berufsqualifikation, nämlich dem „Staatlich geprüften kaufmännischen Assistenten für Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Industrie”. Auf die Frage, ob der Beklagte allein mit dieser Berufsqualifikation Aussicht auf eine berufliche Anstellung hat oder Absolventen einer Höheren Berufsfachschule regelmäßig eine weitere (verkürzte) praktische Ausbildung absolvieren, kommt es nicht an, da § 1603 Abs. 2 BGB für die Gleichrangigkeit allein auf die allgemeine Schulausbildung abstellt, in der sich der Beklagte nicht mehr befindet.
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB hätte der Beklagte deshalb nur, wenn der Kläger nach Erfüllung der vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen und unter Berücksichtigung des erhöhten Selbstbehalts noch leistungsfähig wäre. Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn die titulierte Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten in die nachfolgende Unterhaltsberechnung für die minderjährigen Kinder und die zweite Ehefrau einbezogen wird mit der Folge, dass sich hierdurch der für diese zu errechnende Unterhalt verringert.
Der Kläger verfügt ausweislich der zu den Akten gereichten Gehaltsbescheinigung über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen (gerundet) |
3.297,– DM |
./. |
5 % pauschal f... |