Leitsatz (amtlich)
1.
Steht wie vorliegend der bestreitenden Einlassung lediglich die belastende Aussage eines anderen Angeklagten gegenüber, sind auch nahe liegende Motive einer möglichen Falschbeschuldigung, insbesondere die Erwartung einer Milderung der eigenen Strafe oder eines sonstigen Vorteils, in die Überlegungen mit einzubeziehen.
2.
Besondere Bedeutung kommt hierbei der Analyse seiner Aussage zu.
3.
Der von der Staatsanwaltschaft gemäß ihrer Abschlussverfügung vom 16. Oktober 2002 eingeschlagene, vom Gesetz zwar nicht vorgesehene, grundsätzlich jedoch zulässige Weg (vgl. BGH NStZ 1996, 447), Anklage zur Strafkammer des Landgerichts zu erheben, um eine Verbindung dieser Sache mit dem dort gegen den Täter M. bereits anhängigen Verfahren zu erreichen, kann im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt werden.
Dem Senat bleibt daher nur die Möglichkeit, das Hauptverfahren vor dem nach dem Gesetz zuständigen Gericht zu eröffnen.
Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 03.12.2002) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss der 1. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 3. Dezember 2002 aufgehoben.
2.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Trier vom 16. Oktober 2002 wird mit folgenden Änderungen zur Hauptverhandlung zugelassen:
Tatmehrheitlich zur Beihilfe ist der Angeklagte weiter hinreichend verdächtig, sich eine Sache, die ein anderer durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt hat, verschafft zu haben, um sich zu bereichern.
- Insgesamt anzuwendende Strafvorschriften: §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 b, 253, 255, 259 Abs. 1, 27, 53 StGB -
3.
Das Hauptverfahren wird vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - in Trier eröffnet.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Angeklagten zur Last (§ 465 Abs. 1 StPO entsprechend).
Gründe
I.
Entgegen der Auffassung der Strafkammer, die auf die gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung erhobenen Anklage die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat, liegt für die angeklagte Tat hinreichender Tatverdacht gemäß § 203 StPO vor.
Er folgt in tatsächlicher Hinsicht aus der von der Staatsanwaltschaft als Beweismittel angeführten Aussage vom 16. August 2000 des gesondert angeklagten Erpressungstäters M., der im vorliegenden Verfahren die rechtliche Stellung eines Zeugen besitzt.
Die zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung herangezogene Erwägung der Strafkammer, seine Angaben würden durch keine sonstigen Umstände gestützt, wohingegen die bestreitende Einlassung des Angeklagten in sich nachvollziehbar sei und keine Widersprüche aufweise, beschreibt nur die spezielle Beweiskonstellation von Aussage gegen Aussage, die zwar an die Beweiswürdigung besondere Anforderungen stellt, jedoch nicht von vornherein einer Überführung des Angeklagten entgegensteht. Die Entscheidung, welchen Angaben in dieser Beweissituation zu folgen ist, ist unter umfassender Einbeziehung und Würdigung aller dafür bedeutsamen Umstände zu treffen (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1 und 14; Indizien 2; § 267 Abs. 1 S. 1 Beweisergebnis 8; BGH StV 1995, 6 f). Steht wie vorliegend der bestreitenden Einlassung lediglich die belastende Aussage eines anderen Angeklagten gegenüber, sind auch nahe liegende Motive einer möglichen Falschbeschuldigung, insbesondere die Erwartung einer Milderung der eigenen Strafe oder eines sonstigen Vorteils, in die Überlegungen mit einzubeziehen (BGHR StPO § 261 Mitangeklagte 2; BtMG § 29 Beweiswürdigung 7; BGH StV 2000, 243, 244 m.w.N.). Auch wenn die vollumfängliche Abwägung der auf die Richtigkeit der einen oder anderen Aussage hindeutenden Gesichtspunkte erst in der Hauptverhandlung vorgenommen werden kann, spricht die Bewertung der wesentlichen Glaubwürdigkeitskriterien nach Aktenlage derzeit eher für als gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen M.
1.
Besondere Bedeutung kommt hierbei der Analyse seiner Aussage zu (vgl. BGH StV 2000 a.a.O.):
Die Schilderung der Tatbeteiligung des Angeklagten betrifft zwar gemessen am Umfang und Inhalt der gesamten Aussage ein nur nebensächliches Geschehen. Der Schwerpunkt der Aussage liegt auf dem Eingeständnis von insgesamt sechs Banküberfällen, an denen der Angeklagte nur in einem Fall, nämlich an der ersten Tat vom 4. Juli 1997 zum Nachteil der B. Volksbank in Trier, beteiligt gewesen sein soll. Die Angaben sind jedoch insgesamt ausführlich und detailliert, wobei die Detailgenauigkeit der Aussage zu den Teilnahmehandlungen des Angeklagten und die der Darstellung des eigentlichen Tatgeschehens nicht zusammenhanglos nebeneinander steht, sondern dergestalt miteinander verflochten ist, dass der Detailreichtum des einen Teils zugleich auch den des anderen Teils begründet (vgl. BGH StV 2000 a.a.O., m.w.N.).
Weiter spricht die Entstehung der den Angeklagten belastenden Aussage für ihre Richtigkeit. Der Zeuge M. war, nachdem er vom Vernehmungsbeamten nach der Quelle seiner Erkenntnisse zu den räumlichen Gegebenheiten in der B. Volksbank befragt worden war, zunächst nicht be...