Entscheidungsstichwort (Thema)

Reichweite einer Kostenvereinbarung bei vorausgegangenem selbständigem Beweisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Von der Kostenvereinbarung eines Vergleichs im Hauptsacheverfahren werden die Kosten eines vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens auch dann erfasst, wenn der Beweissicherungsantrag als unzulässig abgelehnt wurde.

2. Ergeht gleichwohl im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers, ist sie mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 485, 494a, 567, 794 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 133, 157, 779

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 24.03.2009; Aktenzeichen 10 OH 3/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Einzelrichters der 10. Zivilkammer vom 24.3.2009 aufgehoben.

2. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 19.3.2009, dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, wird abgelehnt.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kosten trägt die Antragsgegnerin.

4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Mit Beschluss vom 26.2.2007 hat das LG nach Anhörung der Antragsgegnerin den Antrag des Rechtsmittelführers auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 ZPO als unzulässig abgelehnt.

Auf den Antrag der Antragsgegnerin vom 19.3.2009 hat die Kammer mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, da das selbständige Beweisverfahren eine eigene Kostenentscheidung nicht kenne, seien diese bei unzulässigem Antrag entsprechend § 91 ZPO dem Antragsteller aufzuerlegen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit der er geltend macht, soweit ein Hauptsacheprozess geführt werde, seien die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stets Kosten dieses Rechtsstreits.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen unter Hinweis darauf, dass im vorliegenden Fall ein Hauptsacheverfahren nicht stattgefunden habe.

In ihrer Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass es zu einem Hauptsacheprozess gekommen ist, wobei das Verfahren vom LG Koblenz (10 O 478/07) an das AG Koblenz (161 C 1536/08) verwiesen und dort durch Vergleich beendet worden sei mit einer Kostenregelung wie folgt:

"Die Parteien sind sich einig, dass mit dieser Regelung eine Entscheidung über die vorgerichtlichen Kosten des Klägers nicht getroffen wurde.

Von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs trägt der Kläger 5/6, die Beklagte 1/6."

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören grundsätzlich zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens und werden von der darin zu treffenden Kostenentscheidung mitumfasst. Nur ausnahmsweise, wenn trotz Fristsetzung keine Hauptsacheklage erhoben worden ist, kann im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung ergehen gem. § 494a Abs. 2 ZPO (BGH NJW-RR 2007, 3721).

Ob die Regelung des § 494a Abs. 2 ZPO abschließend ist oder auch in weiteren, gesetzlich nicht geregelten Fällen, in denen ein Hauptsacheverfahren nicht durchgeführt wird, eine Kostenentscheidung zulässig ist, ist umstritten. Die Frage kann jedoch vorliegend offen bleiben.

Denn nachdem nunmehr im Beschwerdeverfahren aufgrund des übereinstimmenden Parteivortrags feststeht, dass ein Hauptsacheverfahren gem. § 494a Abs. 1 ZPO durchgeführt wurde, ist eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren nicht mehr zu treffen. Vielmehr sind die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der im Hauptsacheverfahren im Rahmen des Vergleichs getroffenen Kostenregelung mit umfasst.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass bereits der Antrag des selbständigen Beweisverfahren als unzulässig zurückgewiesen und das Hauptsachegericht nicht mit dem Beweisverfahren befasst war. Auch in diesem Fall gehören die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens (s. dazu für den Fall einer Klagerücknahme BGH NJW-RR 2007, 1282).

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1812 KV - GKG; Nr. 3500 VV - RVG.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO und orientiert sich an der Höhe der entstandenen Verfahrenskosten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2155492

IBR 2009, 688

JurBüro 2009, 367

AGS 2009, 609

OLGR-West 2009, 621

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