Leitsatz (amtlich)
Keine anwaltliche Auslagenerstattung für eine Geschäftsreise an den Gerichtsort, wenn die Kanzlei dort eine Zweigstelle betreibt, unabhängig davon, ob der im Gerichtstermin auftretende Rechtsanwalt in der Zweigstelle tätig ist.
Normenkette
RVG-VV Vorbem. 7 Abs. 2; RVG-VV Ziff. 7003
Verfahrensgang
AG Bad Kreuznach (Beschluss vom 30.01.2015) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bad Kreuznach vom 30.1.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
Durch Beschluss des AG vom 5.6.2014 wurde der Antragsgegnerin für den ersten Rechtszug des Umgangsverfahrens Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Angermann bewilligt. Nach Beendigung des Verfahrens beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin eine Vergütung von insgesamt 895,71 EUR. In dem Antrag waren Auslagen für Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder i.H.v. netto 29,20 EUR enthalten. Durch Beschluss vom 9.9.2014 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 860,97 EUR fest. Die beantragten Reisekosten (Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld nebst Umsatzsteuer) hat das Gericht in Abzug gebracht, da die vorgenannte Kanzlei eine Zweigstelle am Gerichtsort B. unterhält. Die gegen die Festsetzung eingelegte Erinnerung wies das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss zurück. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass der Begriff "Kanzlei" im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 2 VV-RVG auch die Zweigstelle einer Rechtsanwaltskanzlei erfasse.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, mit der er unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt, auf seine Erinnerung hin Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder i.H.v. 29,20 EUR zzgl. Umsatzsteuer festzusetzen.
Zur Begründung beruft er sich darauf, dass die Kosten unabhängig davon, dass die Kanzlei in B. eine Zweigstelle unterhalte, festzusetzen seien. Das Mandantengespräch habe am Hauptsitz der Kanzlei in W. stattgefunden. Zudem sei er als alleiniger Sachbearbeiter in W. ansässig. An der Zweigstelle in B. sei die Rechtsanwältin S., Fachanwältin für Strafrecht, tätig. Der Verweis auf die Entscheidung des OLG Dresden gehe fehl, da dort über die Beiordnung eines Pflichtverteidigers und dessen Gebühren nach altem Recht zu entscheiden gewesen sei. Damals sei es üblich gewesen, dass auswärtige Pflichtverteidiger nur in besonders begründeten Fällen beigeordnet würden. Zudem verlange der Gleichlauf der Gebührenansprüche einer bemittelten und einer Verfahrenskostenhilfe beanspruchenden Partei nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG eine Gleichbehandlung.
Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zulässig, da sie das AG in dem angefochtenen Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage ausdrücklich zugelassen hat. Hieran ist der Senat gebunden.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG vom 9.9.2014 zurückgewiesen. Die in dem Beschluss vorgenommene Absetzung der beantragten Reisekosten ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach Ziff. 7003 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte für Geschäftsreisen Fahrtkosten und Tage- und Abwesenheitsgelder beanspruchen. Nach der Vorbemerkung zu Teil 7 VV-RVG liegt eine Geschäftsreise dann vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet.
Danach liegt keine Geschäftsreise vor. Denn am Reiseziel, also am Sitz des entscheidenden Gerichts, befindet sich eine Zweigstelle der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin. Der Begriff "Kanzlei" umfasst ohne weiteres alle von einem Anwalt betriebenen "Geschäftsstellen", also auch die Zweigstellen einer Kanzlei (ebenso Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 7003-7006, Rz. 12; Bischof-Jungbauer, RVG, 6. Aufl., Vorbemerkung 7 VV, Rz. 10). Die Anwaltssozietät des Verfahrensbevollmächtigten wird, auch nach dem Briefkopf der an ihr beteiligten Rechtsanwälte, an mehreren Stellen - Haupt- und Zweigstellen -, betrieben. Allein dieser Umstand ist maßgeblich. Unerheblich ist demgegenüber, an welchem Ort die Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden und von welchem Ort der Verfahrensbevollmächtigte zum Gerichtstermin angereist ist.
Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung geht der Verweis auf die Entscheidung des OLG Dresden nicht fehl. In Ziff. II d) setzt sich nämlich das vorgenannte Gericht mit der Bezeichnung "Kanzlei" auseinander und vertritt, wie der Senat, die Auffassung, dass dieser die Gesamtheit der Kanzlei, bestehend aus Hauptstelle und Zweigstellen, umfasst.
Eine Ungleichbehandlung der bemittelten mit der Verfahrenskostenhilfe beanspruchenden Partei entsteht dadurch nicht, da bei der ...