Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Maßgebliche Altersgrenze bei der Ermittlung der ruhegehaltsfähigen Gesamtzeit eines Berufssoldaten

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Ermittlung der ruhegehaltfähigen Gesamtzeit eines Berufssoldaten sind auch nach der Neufassung des § 45 SG durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz weitehin die besonderen Altersgrenzen des § 45 Abs. 2 SG maßgeblich.

 

Normenkette

VersAusglG § 10 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 1; SG § 45 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Beschluss vom 23.03.2010; Aktenzeichen 6 F 358/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.12.2012; Aktenzeichen XII ZB 299/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland - Wehrbereichsverwaltung West - gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23.3.2010 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin. Es bleibt bei der Kostenentscheidung 1. Instanz.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 27.12.1985 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 17.9.2009 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des AG Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 14.1.2010, rechtskräftig seit diesem Tage, geschieden. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und durch den angefochtenen Beschluss vom 23.3.2010 derart durchgeführt, dass zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der Wehrbereichsverwaltung West im Wege der internen Teilung ein Anrecht i.H.v. insgesamt 692,67 EUR zugunsten der Antragsgegnerin begründet wurde. Weiter wurde zu Lasten der Versorgungsanwartschaften der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 5,3665 Entgeltpunkten West, bezogen auf den 31.8.2009 auf ein zu begründendes Konto bei der Deutschen Rentenversicherung übertragen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Wehrbereichsverwaltung West, mit der geltend gemacht wird, das AG habe bei seiner Entscheidung zu Unrecht nicht die Auskunft vom 23.11.2009 zugrunde gelegt, die von der allgemeinen Altersgrenze nach § 45 Abs. 1 Soldatengesetz ausgehe, sondern die - auf Verlangen des AG erstellte - Auskunft vom 1.3.2010, bei der die besondere Altersgrenze nach § 45 Abs. 2 Soldatengesetz zugrunde gelegt worden sei.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff., 228 FamFG zulässig. Die Bundesrepublik Deutschland als Versorgungsträger ist beschwerdebefugt; sie macht geltend, die Entscheidung des AG stimme nicht mit der Gesetzeslage überein.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Streitig ist allein, ob zur Ermittlung des Ehezeitanteils der Anrechte des Antragstellers die allgemeine Altersgrenze von 62 Jahren nach § 45 Abs. 1 Soldatengesetz oder die besondere Altersgrenze nach Abs. 2 zugrunde zu legen ist, die beim Antragsteller als Berufsunteroffizier bei 55 Jahren liegt (§ 55 Abs. 2 Nr. 4) und damit durch die Neufassung um ein Jahr angehoben wurde.

Diese Frage ist bisher nicht höchstrichterlich entscheiden. Der Senat schließt sich mit dem AG der Auffassung der OLG Celle (FamRZ 2010, 37) und Stuttgart (FamRZ 2010, 734) an, die beide die besondere Altersgrenze zugrunde legen. Beide OLG vertreten die Auffassung, es sei realistischerweise zu erwarten, dass nach wie vor die übergroße Mehrheit der Soldaten mit Erreichen der besonderen Altergrenze in Ruhestand gehe. Aus den Mitteilungen des statistischen Bundesamtes (vgl. die Zitate in den angeführten Entscheidungen) ergebe sich, dass bisher 85 % der Soldaten bereits nach Erreichen der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden seien und dass auch nach der Neuregelung durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5.2.2009 allenfalls eine geringfügige Verschiebung aber zunächst keine durchgreifende Veränderung zu erwarten sei.

Dies ist nach Meinung des Senats eine zutreffende Einschätzung. Durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz wurde nicht etwa ein Paradigmenwechsel in der Frage der Soldatenpensionierung vollzogen und ein solcher war auch nicht beabsichtigt. Nach wie vor gelten die allgemeine (wie bisher 62 Jahre) und die besondere Altersgrenze, die etwa bei der Gruppe der Unteroffiziere um nur ein Jahr verschoben wurde.

§ 45 Abs. 1 Soldatengesetz setzt allgemeine Altersgrenzen für Generäle, Oberste und alle Offiziere in den Laufbahnen des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr auf die Vollendung des 65. Lebensjahres fest, also für bestimmte herausgehobene Gruppen, für die bisher nur eine allgemeine Altersgrenze galt, aber nun erstmals eine besondere Altersgrenze (62. Lebensjahr) festgesetzt wird. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/7076 S 175 f.) sind "besondere Altersgrenzen weiterhin erforderlich, weil sie der militärischen Personalführung die erforderliche Flexibilität verschaffen, um den Transformationsprozess der Bundeswehr zu gestalten und die Einsatzbereitscha...

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