Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts bei Aufhebung einer Umgangspflegschaft
Leitsatz (amtlich)
Für das Verfahren der Aufhebung einer Umgangspflegschaft, in dem keine Gerichtskosten angefallen sind, ist grundsätzlich weder Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe noch Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 05.10.2010) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Koblenz vom 5.10.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Gerichtskosten seien im Verfahren auf Aufhebung der Umgangspflegschaft nicht angefallen. Verfahrenskostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung komme nur für die Anwaltskosten in Betracht; anwaltliche Vertretung sei im vorliegenden Fall jedoch gem. § 78 Abs. 2 FamFG nicht erforderlich gewesen.
Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde macht die Kindesmutter geltend, man dürfe nicht das streitgegenständliche Verfahren auf Überprüfung der Umgangspflegschaft isoliert sehen. Im vorhergehenden Verfahren betreffend die Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder sei ein Gutachten eingeholt worden. Die Parteien seien zerstritten und die Kinder hoch belastet. Auch der Kindesvater werde anwaltlich vertreten. Im Hinblick darauf sei im vorliegenden Verfahren die Beiordnung eines Anwalts geboten gewesen.
Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde der Kindesmutter hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG geht zutreffend davon aus, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren auf Aufhebung der Umgangspflegschaft nicht erforderlich war.
Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG wird in den Fällen, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, dem Beteiligten ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn "wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint." Maßgeblich ist ob sich das Verfahren für einen Beteiligten wegen einer schwierigen Sachlage oder wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellt, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich dabei auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten. Demgegenüber ist der Grundsatz der Waffengleichheit allein kein entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe mehr, da § 78 Abs. 2 FamFG keine dem § 121 Abs. 2 Alternative 2 ZPO entsprechende Regelung enthält; allerdings kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung anderer Beteiligter ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein (vgl. zum Ganzen BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, recherchiert in juris, Rz. 14 ff., 22 ff.). In Anwendung dieser Grundsätze hat das AG zu Recht darauf hingewiesen, dass von der Beschwerdeführerin lediglich Sachvortrag über den Verlauf der Umgangspflegschaft und ihre Auffassung zur Fortführung oder Aufhebung derselben gefordert war. Zur Darlegung dieses Sachvortrages waren keine Rechtskenntnisse erforderlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Kindesmutter aus subjektiven Gründen nicht dazu in der Lage gewesen wäre, selbst den maßgeblichen Sachverhalt schriftlich darzustellen. Demgegenüber mag es zutreffend sein, dass zwischen den Kindeseltern weitere Verfahren geführt worden sind, denen eine schwierige Sachlage zugrunde lag. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass sämtliche sonstigen Verfahren zwischen den Beteiligten auch nur mit Hilfe anwaltlichen Beistands geführt werden könnten. Da im vorliegenden Verfahren weder die Sachlage noch die Rechtslage schwierig war, rechtfertigt allein der Gesichtspunkt der Waffengleichheit die Beiordnung eines Rechtsanwalts ebenfalls nicht (vgl. hierzu auch BGH, a.a.O., Rz. 17).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin war nach alledem zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2631565 |
NJW 2011, 6 |
NJW-RR 2011, 507 |