Leitsatz (amtlich)
Seit der Neufassung des § 15 GKG zum 1.7.1994 ist für die Festsetzung des Streitwertes einer Ehescheidung allein auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung abzustellen. Seither ist weder eine Werterhöhung noch eine Wertminderung während der Instanz zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur für das dreimonatige Einkommen sondern auch für die Vermögensverhältnisse der Parteien.
Vom Vermögen sind in Anlehnung an die letzte Fassung von § 6 des mittlerweile außer Kraft getretenen VermStG Freibeträge von jeweils 60.000 Euro für jeden Ehegatten in Abzug zu bringen und 5 % des Differenzbetrages in die Streitwertberechnung einzustellen.
Verfahrensgang
AG Betzdorf (Aktenzeichen 5 F 447/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG – FamG – Betzdorf vom 11.10.2002 teilweise abgeändert und der Streitwert für das Scheidungsverfahren auf insgesamt 90.310,20 Euro festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist teilweise begründet. Das FamG hat den Streitwert für die Ehescheidung zu niedrig festgesetzt.
In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist gem. § 12 Abs. 2 GKG der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insb. des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse nach Ermessen zu bestimmen. In Ehesachen ist für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen. Nach § 15 GKG in der seit dem 1.7.1994 geltenden Fassung ist für die Wertberechnung – ebenso wie nach der in § 12 Abs. 1 ZPO ebenfalls in Bezug genommenen, für die Zuständigkeitsbestimmung maßgebenden Streitwertvorschrift des § 4 Abs. 1 ZPO – für die Wertberechnung der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung maßgebend. Anders als in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 15 GKG, wonach dann, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei Beendigung der Instanz höher als zu Beginn war, den entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde gelegt werden sollte, kommt es nach der aktuellen Gesetzesfassung weder auf eine Werterhöhung noch auf eine Wertminderung während der Instanz an (vgl. über die vom Bezirksrevisor zitierten Nachweise hinaus, OLG Koblenz v. 3.6.1997 – 15 WF 497/97, OLGReport Koblenz 1997, 274; OLG Zweibrücken v. 27.6.2001 – 5 WF 40/01, OLGReport Zweibrücken 2001, 492; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 572). Zweck dieser Gesetzesänderung war eine Vereinfachung der Wertermittlung und Wertfestsetzung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., GKG § 15 Rz. 2). Zutreffend verweist der Bezirksrevisor darauf, dass die vom Antragsteller zitierten Gegenmeinungen auf der früheren Gesetzesfassung des § 15 GKG beruhen und daher keine Berücksichtigung mehr finden können (so auch Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, IX Rz. 16).
Der Zeitpunkt der Antragstellung ist aber nicht nur maßgebend für die Einkommens-, sondern auch für die Vermögensverhältnisse, weil § 15 GKG insoweit keine Differenzierung trifft (so auch Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, IX Rz. 18). Daher kann das Haus in R., welches der Antragsteller erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages erworben hat, ebensowenig bei der Wertfestsetzung berücksichtigt werden wie die anlässlich der Frühpensionierung erhaltene Abfindung. Als Vermögen ist daher lediglich das gemeinsame Hausanwesen der Parteien in S. in Ansatz zu bringen.
Soweit das FamG vom Vermögen einen Freibetrag von insgesamt 120.000 Euro in Abzug gebracht hat, schließt der Senat sich dem an. Der Betrag von 60.000 Euro für jeden Ehegatten lehnt sich an den in § 6 des Vermögenssteuergesetzes in der zuletzt gültigen Fassung ausgewiesenen Steuerfreibetrag von 120.000 DM pro Ehegatte an. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit den im Vermögenssteuergesetz geregelten Freibetrag auch beim Ansatz des Vermögens zur Streitwertbemessung in Ehesachen übernommen, wobei er allerdings die Beträge des Vermögensteuergesetzes 1961 (20.000 DM je Ehegatte) zugrunde gelegt hat. Dieser Betrag ist, insb. unter Berücksichtigung der Steigerung der üblichen Verkehrswerte der in vielen Fällen als wesentliche Vermögensposition vorhandenen Familienwohnheime, nicht mehr zeitgemäß. Dementsprechend ist der steuerrechtliche Freibetrag bereits im Vermögensteuergesetz 1974 auf 70.000 DM und mit Wirkung vom 27.6.1993 (Gesetzesfassung vom 23.6.1993) auf 120.000 DM je Ehegatte angehoben worden. Dieser Betrag ist auch für die Streitwertbemessung in Ehesachen zu übernehmen, weil sonst der Anstieg der Verkehrswerte der Familienwohnheime zu einer ungerechtfertigten Erhöhung des Streitwertes in Ehesachen führen würde (so Östreich/Winter, GKG, „Ehesachen”, Anm. 2). Dies entspricht einer weit verbreiteten Übung in der Rspr. (vgl. z.B. OLG Köln v. 6.9.1995 – 26 WF 96/95,...