Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit der erhöhten Geschäftsgebühr bei Vertretung von BGB-Gesellschaftern

 

Leitsatz (amtlich)

Die nach § 6 BRAGO erhöhte Prozessgebühr ist im Aktivprozess von BGB – Gesellschaftern jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn sie vor Veröffentlichung der in BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, WM 2001, 408 = ZIP 2001, 330 = BB 2001, 374 = DB 2001, 423 abgedruckten Entscheidung des BGH zur Parteifähigkeit der BGB – Gesellschaft entstanden ist.

 

Normenkette

BRAGO § 6; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 4 O 12/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der abändernde Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mainz vom 17.4.2001 aufgehoben und der Ausgangsbeschluss vom 31.1.2001 – unter Zurückweisung der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Beklagten – wieder hergestellt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Der Beschwerdewert beträgt 2.214 DM.

 

Gründe

Das fristgemäß (§ 577 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO) eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung widerspricht – anders als der ursprüngliche Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.1.2001 – den Leitlinien, die der Senat in seinem Beschluss 14 W 210/97 vom 28.4.1997 aufgestellt hat. In diesem Beschluss hat der Senat seine in vorangegangener Zeit vertretene Auffassung, ein typischerweise einheitlich gelagertes Auftraggeberinteresse hindere die Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO, ausdrücklich aufgegeben und gesagt, dass die Vorschrift auch bei der Führung eines Aktivprozesses für eine BGB-Gesellschaft greife. Dabei hat er erläuternd bemerkt:

„(Der Senat) schließt sich damit im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung der ganz überwiegenden Auffassung an, die auch vom BGH (BGH v. 6.10.1983 – III ZR 109/82, NJW 1984, 2296 = MDR 1984, 561 zur Wohnungseigentümergemeinschaft) vertreten worden ist. Diese Ansicht, die im Fall der anwaltlichen Mehrvertretung auf eine Einzelfallprüfung verzichtet, entspricht dem schematisierenden Normwortlaut. Sie trägt gleichzeitig zur Vereinfachung und Beschleunigung des Kostenfestsetzungsverfahrens bei. Denn es ist dann grundsätzlich nur nach der Anzahl der von dem Anwalt vertretenen Parteien zu entscheiden. Materiell hat das so gefundene Ergebnis seine Berechtigung darin, dass sich das Haftungsrisiko des Anwalts, dem der Gebührenanspruch Rechnung tragen muss, auch dann durch die Vertretung mehrerer Mandanten erhöhen kann, wenn diese gesamthänderisch verbunden sind. Denn unterliegt die Gesamthandsgemeinschaft, muss der Anwalt gewärtigen, dass seine Tätigkeit von mehr als nur einer Person kritisch überdacht und gegebenenfalls zum Anlass genommen wird, auf einen Regress hinzuwirken.”

Diese Erwägungen hat der Senat nachfolgend bekräftigt (OLG Koblenz, Beschl. v. 23.7.1997 – 14 W 382/97, OLGR Koblenz 1997, 255; v. 7.4.1998 – 14 W 117/98, v. 4.11.1998 – 14 W 761/98; v. 18.5.1999 – 14 W 310/99). Sie kommen auch im vorliegenden Fall zum Tragen und rechtfertigen die Festsetzung der geltend gemachten Erhöhungsgebühren.

Allerdings hat sich der Senat auch in der jüngeren Vergangenheit gegen die Festsetzbarkeit erhöhter Gebühren nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO ausgesprochen, wenn diese Gebühren in dem Honorarprozess einer Anwaltsozietät gegen einen Mandanten entstanden sind (OLG Koblenz, Beschl. v. 23.7.1997 – 14 W 382/97, OLGR Koblenz 1997, 255). Das beruht darauf, dass eine Anwaltsozietät -im Hinblick auf die ihr zu gebotene stehenden Möglichkeiten- organisatorisch ohne Weiteres dafür Vorsorge treffen kann, dass eine so häufig vorkommende Aufgabe wie die Einziehung einer Honorarforderung allein durch ein Sozietätsmitglied erledigt wird und die Prozessführungskosten auf diese Weise möglichst gering (Gesichtspunkt des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO) gehalten werden. Dabei handelt es sich jedoch um einen eng begrenzten Ausnahmefall (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 23.7.1997 – 14 W 382/97, OLGR Koblenz 1997, 255), der sich nicht auf die Situation der Kläger übertragen lässt, die Mietnebenkosten geltend gemacht haben.

Ob der Senat in Zukunft seine Rechtsprechung zur Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO bei der Führung von Aktivprozessen einer BGB-Gesellschaft wird aufrecht erhalten können, ist gegenwärtig nicht zu entscheiden. Die Frage wird erst dann zur Beantwortung anstehen, wenn Prozesse berührt sind, die im Anschluss an das grundlegende Urteil des BGH vom 29.1.2001 zur Parteifähigkeit von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, WM 2001, 408 = ZIP 2001, 330 = BB 2001, 374 = DB 2001, 423) geführt worden sind. Nach diesem Urteil ist eine BGB-Gesellschaft nämlich in der Lage, zur Durchsetzung ihrer Ansprüche im eigenen Namen zu klagen, ohne dieserhalb noch auf eine Klage ihrer einzelnen Gesellschafter angewiesen zu sein. Im vorliegenden Fall liegen die Dinge jedoch anders. Der erstinstanzliche Rechtsstreit, um dessen Kosten es hier geht, wurde bereits am 11.7.2000 abgeschlossen.

Nach alledem ist der Kostenfestsetzungbeschluss vom 31.1...

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