Leitsatz (amtlich)
1. Ob der Rechtsanwalt bei der Klage einer „BGB-Gesellschaft” eine Erhöhungsgebühr nach der Anzahl der Gesellschafter verdient hat, hängt davon ab, ob die Klage von der Gesellschaft oder von den Gesellschaftern erhoben worden ist.
2. Für das Kostenfestsetzungsverfahren ist die Einordnung durch das Prozessgericht bindend.
3. Bei Klagen, die nach der Veröffentlichung der neuen BGH-Rechtsprechung zur Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft (BGH NJW 2001, 1058) erhoben worden sind, ist die Erhöhungsgebühr bei Klagen der gesamthänderisch gebundenen Gesellschafter aber nicht mehr erstattungsfähig.
Verfahrensgang
LG Stendal (Aktenzeichen 21 O 477/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Stendal vom 17.5.2001 – 21 O 477/00 – teilweise dahin abgeändert, dass die auf Grund des Teilversäumnis- und Schlussurteils des LG Stendal vom 26.2.2001 von dem Beklagten an die Kläger gemeinschaftlich zu erstattenden Kosten auf 4.551,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.3.2001 festgesetzt werden. Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag der Kläger abgewiesen.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die von den Klägern für das Beschwerdeverfahren zu tragenden Gerichtskosten berechnen sich nach einem Wert von 3.781,20 DM; von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger 67 % und der Beklagte 33 %.
Der Wert der sofortigen Beschwerde wird auf 5.626,20 DM festgesetzt.
Gründe
Mit der Beschwerde wenden sich die Kläger dagegen, dass das LG bei der Kostenfestsetzung nur die Kosten für einen Hauptrozessbevollmächtigten und nicht auch die Kosten des eingeschalteten Unterbevollmächtigten als Terminanwalt berücksichtigt hat, außerdem die Anwaltsgebühren nur in Höhe der um 10 % ermäßigten Gebühren für einen Anwalt in den neuen Bundesländern in Ansatz gebracht und hierbei die geltend gemachte 20/10 Erhöhungsgebühr gem. § 6 BRAGO abgesetzt hat.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Den Klägern steht abweichend von der Entscheidung des LG ein Anspruch auf Erstattung der nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöhten Prozessgebühr zu. Darüber hinaus ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss jedoch nicht zu beanstanden.
1. Die von den Klägern geltend gemachte 20/10 Erhöhungsgebühr ist gem. § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO für die Tätigkeit ihrer Hauptbevollmächtigten entstanden und gem. § 91 Abs. 2 S. 1 und Abs. 1 ZPO auch erstattungsfähig. Nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöht sich die Prozessgebühr um 3/10 für jeden weiteren Auftraggeber, maximal bis zu zwei vollen Gebühren, also hier bei 23 Gesellschaftern um 20/10, wenn der Anwalt in derselben Angelegenheit, § 13 Abs. 2 BRAGO, mit gleichem Gegenstand mehrere Auftraggeber vertritt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Auftrag zur Prozessvertretung wurde nicht von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Kläger sind, sondern von den Klägern als natürliche Person in ihrer Eigenschaft als Streitgenossen erteilt. Die Frage, ob eine Vertretung mehrerer Auftraggeber im Sinne o.g. Vorschrift vorliegt, beurteilt sich danach, wieviele Parteien der Anwalt im Prozess vertreten hat, was ggf. durch Auslegung zu ermitteln ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., vor § 50, Rz. 6). Danach ist hier nicht die Gesellschaft Partei. Kläger sind vielmehr die Gesellschafter als natürliche Personen. Zwar ist in der Klageschrift als Kläger die „GbR” aufgeführt, dies aber mit dem Zusatz „bestehend aus den Gesellschaftern …”, die im Einzelnen namentlich und unter Angabe ihrer Anschriften aufgeführt sind. Auch die Klageanträge lauten auf Leistung an die Kläger zur gesamten Hand. Entsprechend wurde der Beklagte mit o.g. Teilversäumnis – und Schlussurteil zu Zahlungen an die Kläger zur gesamten Hand verurteilt. Die Klageanträge und der Tenor des Urteils sind aber nur dann nachvollziehbar, wenn nicht die Gesellschaft sondern die einzelnen Gesellschafter als Streitgenossen Partei des Rechtsstreits waren. Die neue Rechtsprechung des BGH zur Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtfertigt keine abweichende Auslegung der Parteistellung der einzelnen Gesellschafter als Kläger. Der BGH hat zwar entschieden (BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHReport 2001, 237 = NJW 2001, 1056 [1058]), dass auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ähnlich der offenen Handelsgesellschaft Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und in diesem Rahmen zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig ist. Als Folge dieser Entscheidung wird bereits die Ansicht vertreten, dass auch im Falle einer im Namen aller Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts” erhobene Klage, wie hier, die Gesellschaft Partei ist und nicht die einzelnen Gesellschafter (vgl. Karsten Schmidt, NJW 2001, 993 [999]). Ob dem gefolgt werden kann, kann für den vorliegenden Fall allerdings offen bleiben. Denn über die Fra...