Leitsatz (amtlich)

1. Ob der Rechtsanwalt bei der Klage einer „BGB-Gesellschaft” eine Erhöhungsgebühr nach der Anzahl der Gesellschafter verdient hat, hängt davon ab, ob die Klage von der Gesellschaft oder von den Gesellschaftern erhoben worden ist.

2. Für das Kostenfestsetzungsverfahren ist die Einordnung durch das Prozessgericht bindend.

3. Bei Klagen, die nach der Veröffentlichung der neuen BGH-Rechtsprechung zur Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft (BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 = BGHReport 2001, 237 = MDR 2001, 459 mit Anm. Müther) erhoben worden sind, ist die Erhöhungsgebühr bei Klagen der gesamthänderisch gebundenen Gesellschafter aber nicht mehr erstattungsfähig.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Aktenzeichen 4 O 1732/96)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Dessau vom 18.6.2001, Geschäftszeichen: 4 O 1732/96, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 31.7.2001 abgeändert:

Die auf Grund des Beschlusses des LG Dessau vom 25.1.2001 von der Beklagten an die Kläger gemeinschaftlich zu erstattenden Kosten werden auf 21.495,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.5.2001 festgesetzt. Im übrigen werden die Kostenfestsetzungsgesuche der Kläger abgewiesen.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die von den Klägern zu tragenden Gerichtskosten berechnen sich nach einem Wert von 2.016 DM; von den außergerichtlichen Kosten der sofortigen Beschwerde tragen die Kläger 55 % und die Beklagte 45 %.

Der Wert der sofortigen Beschwerde wird auf 3.696,80 DM festgesetzt.

 

Gründe

Mit der Beschwerde wenden sich die Kläger dagegen, dass das LG bei der Kostenfestsetzung die von ihnen geltend gemachte 3/10 Erhöhungsgebühr gemäß § 6 BRAGO i.H.v. 1.680,80 DM sowie die beanspruchten Korrespondenzanwaltskosten nicht i.H.d. mit 2.016 DM alternativ berechneten fiktiven Kosten für eine Informationsreise berücksichtigt hat.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Den Klägern steht abweichend von der Entscheidung des LG ein Anspruch auf Erstattung der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöhten Prozessgebühr zu. Darüber hinaus ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss jedoch nicht zu beanstanden, sodass sich insgesamt ein zu erstattender Betrag von 21.495,30 DM ergibt.

1. Die von den Klägern geltend gemachte 3/10 Erhöhungsgebühr ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für die Tätigkeit ihrer Hauptbevollmächtigten entstanden und gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 ZPO auch erstattungsfähig. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöht sich die Prozessgebühr um 3/10 für jeden weiteren Auftraggeber, wenn der Anwalt in derselben Angelegenheit, § 13 Abs. 2 BRAGO, mit gleichem Gegenstand mehrere Auftraggeber vertritt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Auftrag zur Prozessvertretung wurde nicht von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Kläger sind, sondern von den Klägern als natürliche Person in ihrer Eigenschaft als Streitgenossen erteilt. Die Frage, ob eine Vertretung mehrerer Auftraggeber im Sinne o.g. Vorschrift vorliegt, beurteilt sich danach, wieviele Parteien der Anwalt im Prozess vertreten hat, was ggf. durch Auslegung zu ermitteln ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., vor § 50 Rz. 6). Danach ist hier nicht die Gesellschaft Partei. Kläger sind vielmehr die Gesellschafter als natürliche Personen. Denn in der Klageschrift sind die Kläger als Gesellschafter der GbR aufgeführt. Der Klageantrag lautete auf Leistung an die Kläger. Im Rubrum des Kostenbeschlusses des LG vom 25.1.2001 – Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO – sind die Kläger als „Kläger zu 1) und 2) aufgeführt. Die neue Rechtsprechung des BGH zur Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtfertigt keine abweichende Auslegung der Parteistellung der Kläger. Der BGH hat (BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 [1058] = BGHReport 2001, 237 = MDR 2001, 459 mit Anm. Müther) zwar entschieden, dass auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ähnlich der offenen Handelsgesellschaft Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und in diesem Rahmen zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig ist. Als Folge dieser Entscheidung wird bereits die Ansicht vertreten, dass auch im Falle einer im Namen aller Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts” erhobene Klage, wie hier, die Gesellschaft Partei ist und nicht die einzelnen Gesellschafter (vgl. Karsten Schmidt, NJW 2001, 993 [999]). Ob dem gefolgt werden kann, kann für den vorliegenden Fall allerdings offen bleiben. Denn über die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits ist, und über die damit zusammenhängenden etwaigen prozessualen und materiell-rechtlichen Probleme ist im Erkenntnisverfahren durch das Prozessgericht zu entscheiden und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die von der Partei geltend gemachten Kosten dieser nach der Ko...

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