Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Privatgutachterkosten trotz Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Muss eine Prozesspartei im Laufe eines lang dauernden, aber letztlich erfolgreichen Bauprozesses mehrmals die Hilfe eines Privatsachverständigen in Anspruch nehmen, steht dem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen, dass der Auftrageber des Privatgutachters dessen Honorarforderung durch die Verjährungseinrede zu Fall bringen könnte.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104; BGB §§ 195, § 199 ff.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 15.02.2008; Aktenzeichen 8 O 201/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 15.2.2008 unter Zurückweisung des weiter greifenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Urteil des OLG Koblenz vom 6.12.2007 von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten werden auf 10.573,52 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz
a) aus 7.092,77 EUR seit dem 10.12.2007 und
b) aus weiteren 3.480,75 seit dem 24.12.2007 festgesetzt.
2. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen 28,3 % der Klägerin und 71,7 % den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.
3. Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils der Beschwerde hat die Klägerin zu tragen.
4. Der Beschwerdewert beträgt 12.298,65 EUR.
Gründe
In dem seit Juni 2002 anhängigen Rechtsstreit machte die klagende Sparkasse aus abgetretenem Recht des Bauunternehmers einen Restzahlungsanspruch für die Erstellung eines Hauses geltend. Die Beklagten beanstandeten zahlreiche Baumängel, rügten fehlende Fälligkeit und rechneten hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen wegen der Mängel auf.
Das LG erhob Sachverständigenbeweis. Ein erstes Gutachten datiert vom 26.2.2004. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 13.8.2004 unter Beifügung eines Privatgutachtens Stellung (Bl. 165/166 GA). Unter dem 5.10.2004 wurde das Vorbringen ergänzt (Bl. 171 ff. GA).
Im Berufungsverfahren erstattete der gerichtliche Sachverständige ein weiteres Gutachten. Wiederum nahmen die Beklagten hierzu unter Beifügung eines Schreibens des Privatgutachters Stellung (Bl. 401 ff. GA). Das Berufungsgericht veranlasste daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen. Auch diesem Gutachten traten die Beklagten mit ergänzenden Ausführungen des Privatgutachters entgegen (Bl. 497 ff. GA).
Hiernach wurde die Klage im Hinblick auf die zahlreichen Baumängel abgewiesen.
Gestützt auf eine Rechnung vom 15.12.2007 beziffern die Beklagten die Privatgutachterkosten auf 12.298,65 EUR. Diesen Betrag hat die Rechtspflegerin antragsgemäß festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, es handele sich insgesamt um notwendige Prozesskosten.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde trägt die Klägerin vor, die weiter zurückgreifenden Honoraransprüche des Privatgutachters seien verjährt und daher von den Beklagten nicht zu begleichen und dementsprechend auch nicht zu erstatten. Im Übrigen sei die Beauftragung eines Privatsachverständigen aber auch nicht erforderlich gewesen. Dieser habe überzogenen Aufwand betrieben.
Die Beklagten treten dem entgegen und beantragen ein Sachverständigengutachten zur Angemessenheit der vom Privatgutachter in Rechnung gestellten Stundenzahl.
Das zulässige Rechtsmittel hat einen Teilerfolg.
Der Einwand, die Vergütungsansprüche des Sachverständigen seien weithin verjährt und die Beklagten gehalten, ggü. dem Privatgutachter die Verjährungseinrede zu erheben, verfängt allerdings nicht. Der Umstand, dass ein Privatgutachter seine Auftraggeber im Laufe eines lang dauernden Rechtsstreits wiederholt berät, die Leistungen aber insgesamt erst nach Abschluss des Prozesses berechnet, kann mannigfache billigenswerte Gründe haben. So ist daran zu denken, dass die Prozesspartei ihre aktuellen finanziellen Möglichkeiten erschöpft sieht und in der Hoffnung auf Besserung oder in der Erwartung eines umfassenden Prozesserfolgs mit dem Privatgutachter Einvernehmen darüber erzielt, dass eine Rechnungsstellung erst später erfolgt. Es wäre dann jedenfalls treuwidrig, die spätere Honorarnote mit der Verjährungseinrede zu bekämpfen. Aber auch ohne ein derartiges Einvernehmen kann ein Schuldner es als ehrenrührig empfinden, einem Privatgutachter, der den Rechtsstreit über lange Zeit fachlich begleitet hat, die verdiente Vergütung durch die Verjährungseinrede aus der Hand zu schlagen. Eine Rechtspflicht, zur Schonung eines erstattungspflichtigen Dritten die Verjährungseinrede zu erheben, obwohl man selbst die Bemühungen des Sachverständigen honorieren möchte, lässt sich aus dem Gesetz nicht herleiten. Dass etwas anderes gilt, wenn die Verjährungseinrede tatsächlich erhoben und dementsprechend keinerlei Vergütung an den Sachverständigen gezahlt wurde, versteht sich von selbst. Derartiges ist hier indes nicht behauptet und angesichts der Ausführungen des Sachverständigen im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren auszuschließen.
Gleichwohl hat die Beschwe...