Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 05.03.2015; Aktenzeichen 80 F 57/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bingen am Rhein vom 05.03.2015 hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts (Ziff. 3.) teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung (30.06.2015) jeweils im Voraus zum 3. eines Monats - über den durch Teilanerkenntnisbeschluss des AG - Familiengericht - Bingen am Rhein vom 16.07.2014 titulierten Betrag (mtl. 691,00 EUR bis zum 31.12.2018) hinaus - nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
- für den 30.06.2015: weitere 3,97 EUR, also insgesamt 27,00 EUR,
für die Zeit vom 01.07.2015 - 31.12.2018: monatlich weitere 106,00 EUR, also
insgesamt monatlich 797,00 EUR,
- für die Zeit ab 01.01.2019: monatlich 797,00 EUR
Im Übrigen wird der Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts abgewiesen.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 8.316,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie waren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags am 30.03.2013 17 Jahre und sechs Monate verheiratet. Der Ehemann zahlte seit der Trennung am 09.01.2012 zunächst monatlich 2.000,00 EUR, nämlich 720,00 EUR für die Antragsgegnerin und 1.180,00 EUR für die ehegemeinsamen Kinder ... [A], geb. am ... 10.1996 und ... [B], geb. am ... 05.2001. Ein Anerkenntnisbeschluss des AG Bingen vom 24.06.2011 schreibt diese Beträge fest. 2014 erzielte er ein monatliches Nettoeinkommen aus nicht selbständiger Tätigkeit in Höhe von 6.242,00 EUR. Seit Januar 2015 ist er für die ... [C] AG in der Volksrepublik China tätig.
Die Antragsgegnerin ist gelernte Bürogehilfin (Abschluss: Sehr Gut, Bl. 47 UE). Bevor sie nach Eigenkündigung ihres Arbeitsverhältnisses vom 13.07.1994 bei der ... [D] GmbH & Co. KG, deren Mitarbeiter zwischenzeitlich von der ... [E] AG übernommen wurden, den Antragsteller ab 01.07.1994 - gut ein Jahr vor der Eheschließung am 21.09.1995 - auf einen Auslandseinsatz nach Detroit begleitete, erzielte sie 1993 ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 3.804,00 DM (Entgeltgruppe 9 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie, Bl. 58/63 UE).
Nach den Entgeltsätzen für die chemische, kautschukverarbeitende, kunststoffverarbeitende und mineralölverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz (Stand 01.04.2015, Bl. 238) ist in der entsprechenden Entgeltgruppe 9 nach sechs Tätigkeitsjahren ein Tarifentgelt von monatlich 3.955,00 EUR vorgesehen, in Entgeltgruppe 12 5.120,00 EUR. Der Arbeitsvertrag vom 24.06.1986 sah nach 15 Tätigkeitsjahren eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1,3 Gehältern sowie Urlaubsgeld in Höhe von - urlaubstäglich - 33,00 DM vor (Bl. 54 UE). Der Arbeitgeber forderte die Ehefrau in seiner Reaktion auf die Kündigung zu einer Kontaktaufnahme nach ihrer Rückkehr auf (Anlage B 3 = Bl. 163).
Bis zum 01.07.2012 widmete sich die Antragsgegnerin Haushalt und Kindererziehung. Seitdem verdiente sie als Rezeptionistin der ... [F]-Bank bei einer Wochenarbeitszeit 29 Stunden (bis 14:30) netto 1.754,00 EUR. Seit 01.04.2015 übt sie - nach erfolgreicher Probezeit nunmehr unbefristet (Anlage B 8 = Bl. 239) - eine Vollzeittätigkeit aus.
Ihr Bruttoeinkommen betrug im Juni 2015 3.319,38 EUR, nach einer arbeitsvertraglich festgeschriebenen Erhöhung um 2,1 % zum 01.07.2015 3.386,63 EUR (Bl. 212/214/244). Sie verfügt über monatliche Kapitaleinkünfte in Höhe von 81,00 EUR.
... [A] lebt bei ihr ... [B] wird ab 01.08.2015 bis voraussichtlich 31.07.2016 beim Vater in der Volksrepublik China leben. Der Antragsteller wird für den Barunterhalt für ... [B] weiter aufkommen (Bl. 168). Aus der Veräußerung des ehegemeinsamen Anwesens für 140.000,00 EUR erhielt die Ehefrau 82.000,00 EUR. Der monatliche Schuldendienst für das freistehende Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von rd. 200 qm belief sich auf 2.000,00 EUR.
Der Ehemann erwarb 2012 eine Eigentumswohnung, aus der er einen jährlichen Überschuss in Höhe von 1.157,00 EUR erwirtschaftet (Bl. 95 UE). Auf einen Sparvertrag bei der "... [C] Bank direkt" überweist er monatlich 1.111,00 EUR (Bl. 131).
Die Antragsgegnerin hat in I. Instanz vorgetragen,
sie würde ohne Ehe und Kinder heute monatlich wenigstens brutto 3.710,00 EUR (Bl. 42/65 UE) verdienen.
Mit Teilanerkenntnisbeschluss vom 16.07.2014 hat das AG den Antragsteller zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich 691,00 EUR bis 31.12.2018 verpflichtet.
Die Antragsgegnerin hatte mit Schriftsatz vom 07.05.2014 (Bl. 1 UE) beantragt, dem Antragsteller aufzugeben, an sie einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.520,00 EUR zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung (Bl. 64) hat sie beantragt, den Antragsteller wie im Schriftsatz vom 07.05.1024 zu verurteilen, so...