Leitsatz (amtlich)
Nach unberechtigtem Widerruf einer Kostenschutzzusage besteht für den VN keine Obliegenheit mehr, sich bei einer Klageerweiterung mit dem Versicherer abzustimmen. Die Anfrage liefe auf eine reine Förmelei hinaus. Ein Deckungsschutz kann aber dann versagt werden, wenn eine als äußerst risikobehaftet einzustufende Klageerweiterung sich als offensichtlich mutwillig darstellt und eine wirtschaftlich vernünftige und denkende Partei auf eigenes Kostenrisiko einen derartigen Antrag nicht stellen würde (in Anknüpfung an BGH v. 7.6.1989 - IVa ZR 101/88, BGHZ 107, 368 [370] = MDR 1989, 892 = VersR 1989, 842 [843]; v. 8.7.1991 - II ZR 65/90, MDR 1992, 236 = VersR 1991, 1129, 1130; OLG Hamm v. 12.6.1991 - 20 U 305/90, OLGReport Hamm 1991, 12 = VersR 1992, 301).
Normenkette
ARB 75 § 15 Abs. 1d) aa, Abs. 1bb, 1cc), Abs. 2, § 17 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 3 O 228/02) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Deckungsschutzzusage.
Der Kläger schloss bei der Beklagten durch Vermittlung eines in K. tätigen Agenten der Beklagten einen Familienrechtsschutzversicherungsvertrag unter Geltung der ARB 1975 ab. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den zu den Akten gereichten Versicherungsschein (GA 5) Bezug genommen.
Im Jahre 2001 erhoben der Kläger sowie die Firma F. GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, wegen eines Unfallereignisses Klage vor dem LG K. (Aktenzeichen 5 O 278/01) gegen Herrn Peter R. Der Kläger hatte den ihm bekannten Herrn R. zu Hause besucht. Herr R. nahm zu diesem Zeitpunkt Renovierungsarbeiten an der Kellertreppe vor, die der Kläger auf Bitten des Herrn R. mit seiner Videokamera aufnahm. Zugleich wollte er die Videoaufnahme seinem Sohn - einem Auszubildenden im Maurerhandwerk - zu Lehrzwecken vorführen. Auf der Kellertreppe stolperte Herr R. und stürzte auf den vor ihm gehenden Kläger, der sich bei dem dadurch bedingten Fall Verletzungen zuzog.
Auf die Kostenschutzanfrage des Klägers fragte die Beklagte nach, ob der Besuch des Klägers bei Herrn R. in einem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stand. Mit Schreiben v. 15.5.2001 erklärte der Kläger, dass es sich um einen rein privaten Besuch gehandelt habe. Unter dem 16.5.2001 bezog sich die Beklagte schriftsätzlich erneut auf ihr überlassene Unterlagen, in denen von "Rohbau" und einem "Kollegen" die Rede war. Die Beklagte bat den Kläger aus diesem Grunde nochmals um eine Bestätigung, dass es sich nicht um einen beruflich bedingten Besuch bei Herrn R. gehandelt habe. Auf eine diesbezügliche Auskunft des Klägers v. 18.5.2001 erteilte die Beklagte eine Kostenschutzzusage für das Verfahren vor dem LG K.
Da in der Folge aus einer gutachterlichen ärztlichen Stellungnahme zu entnehmen war, dass sich der Kläger bei dem Unfall "auf einem Rohbau" befand und "ein Kollege" auf den Kläger gestürzt sei, widerrief die Beklagte mit Schreiben v. 1.6.2001 die Kostenschutzzusage bis zum Nachweis, dass der Anlass für den Besuch bei Herrn R. rein privater Natur gewesen sei. Der Kläger erläuterte daraufhin schriftsätzlich mit Datum vom selben Tage, dass es sich bei den Räumlichkeiten nicht um einen Rohbau gehandelt habe und er die Renovierungsarbeiten an der Treppe für seinen Sohn habe aufnehmen wollen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das zu den Akten gereichte Schreiben (Bl. 9 GA) Bezug genommen.
Am 3.7.2001 erteilte die Beklagte schließlich erneut die Kostenschutzzusage für die Klage des Klägers (nicht der GmbH) unter dem Aktenzeichen 5 O 278/01: Die zugestandene Eintrittspflicht der Beklagten bezog sich auf 71,75 % der Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte verauslagte insgesamt 8.079,12 Euro für Rechtsanwaltskosten und Gerichtsgebühren.
Unter dem 25.7.2002 widerrief die Beklagte wiederum ihre Kostenschutzzusage mit Verweis auf das Verhandlungsprotokoll v. 26.4.2002 (GA 125 aus 5 O 278/01), aus dem sich ergibt, dass sich "das Haus des Herrn R. bei dem Besuch des Klägers in einem Rohbauzustand" befunden habe und der Kläger die Videokamera mitgeführt hatte, "um auf Bitten des Herrn R. die Renovierungsarbeiten zu filmen".
Am 4.9.2002 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Kostenschutzwiderruf zu widerrufen und eine schriftliche Deckungsschutzsage zu übersenden auch "bezüglich der weiteren Schadensersatzbeträge gem. beiliegendem Entwurf, mit dem die Geltendmachung von Schmerzensgeld, Verdienstschaden und Haushaltsführungsschaden beabsichtigt ist". In diesem Zusammenhang wird verwiesen auf die zu den Akten gereichten Schreiben (GA 225). Die Beklagte erwiderte unter dem 24.9.2002 (GA 16) schriftsätzlich, dass "auch nach nochmaliger Prüfung der Angelegenheit eine andere Entscheidung nicht möglich" sei.
Der Kläger erweiterte seine Klage in dem Ausgangsverfahren gleichwohl in erheblichem Umfange mit Schriftsatz v. 29.10.2002 (BA 174) und teilte dies der Beklagte...